Eine Mehrheit der Befragten findet, dass die Bundesregierung die Bürger bei den stark steigenden Preisen zu wenig entlastet. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer.
Eine Mehrheit der Befragten findet, dass die Bundesregierung die Bürger bei den stark steigenden Preisen zu wenig entlastet. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer.
Weiterhin ist die Inflationsrate in Deutschland sehr hoch, was vor allem auf die Preisentwicklung im Energiebereich und bei Lebensmitteln zurückzuführen ist. Das steht direkt im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, der die wirtschaftlichen Aussichten seit Monaten eintrübt.
Diese Entwicklung kommt auch bei einem immer größeren Teil der Bevölkerung an: So sagen inzwischen nur noch 55 Prozent (Anfang des Jahres: 65 Prozent), dass ihre eigene finanzielle Situation gut ist (teils/teils: 37 Prozent; schlecht: acht Prozent; Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils "weiß nicht").
Skeptischer Ausblick auf eigene wirtschaftliche Lage
Noch nie haben so viele (40 Prozent) erwartet, dass ihre eigene wirtschaftliche Lage in einem Jahr schlechter sein wird als heute, 49 Prozent gehen von einer unveränderten persönlichen finanziellen Situation aus und zehn Prozent meinen, dass es ihnen dann besser gehen wird.
Aufgrund der steigenden Preise sorgen sich derzeit Viele um ihre finanzielle Situation. Das aktuelle ZDF-Politbarometer zeigt, dass sich die Mehrheit weitere Entlastungen wünscht.
Kritik an der Bundesregierung
Vor diesem Hintergrund bemängeln 58 Prozent aller Befragten, dass die Bundesregierung zu wenig tut, um die Bürger angesichts der hohen Preise zu entlasten. 30 Prozent sagen, das sei so gerade richtig und fünf Prozent sind der Meinung, es werde dafür sogar zu viel getan. Besonders viele Anhänger der AfD (80 Prozent) und der Linke (71 Prozent) kritisieren in dieser Sache die Bundesregierung wegen mangelnder Aktivitäten, aber auch bei denen der FDP (60 Prozent), Union (53 Prozent), Grünen (53 Prozent) und SPD (52 Prozent) meinen jeweils Mehrheiten, dass die Bundesregierung nicht genug tut.
Wenn es um die Finanzierung solcher Entlastungen geht, ergibt sich kein klares Meinungsbild: 43 Prozent aller Befragten sprechen sich für zusätzliche Schulden aus, 36 Prozent sind für Steuererhöhungen und 21 Prozent können oder wollen diese Frage nicht beantworten.
Längere Nutzung von AKWs und Kohlekraftwerken
Aufgrund der Verringerung der Gaslieferungen durch Russland ist die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland gefährdet. Um die Energieversorgung bei uns sicherzustellen, plädieren 93 Prozent für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien (dagegen: sechs Prozent). 65 Prozent wollen die noch aktiven Atomkraftwerke länger nutzen als vorgesehen (dagegen: 32 Prozent) und 61 Prozent sind für einen längeren Betrieb der Kohlekraftwerke (dagegen: 36 Prozent). Dabei findet sowohl eine längere Nutzung der Atomkraftwerke als auch der Kohlekraftwerke in allen Parteianhängergruppen eine unterschiedlich große Mehrheit. Nur die Anhänger der Grünen lehnen beides mehrheitlich ab.
Fast unverändert zum Vormonat wollen 71 Prozent aller Befragten die Ukraine weiterhin unterstützen, auch wenn das bei uns mit hohen Energiepreisen verbunden ist. 20 Prozent sind dafür, die Ukraine nicht mehr zu unterstützen mit dem Ziel, wieder zu niedrigeren Energiepreisen zu kommen. Eine stärkere militärische Unterstützung für die Ukraine fordern ähnlich wie Mitte Juli 36 Prozent, 35 Prozent sind für ein unverändertes militärisches Engagement und 22 Prozent wollen eine Verringerung der Militärhilfe.
Top Ten: Drei Grüne auf den ersten drei Plätzen
Bei der Beurteilung nach Sympathie und Leistung ("Was halten Sie von?") hält weiterhin Robert Habeck die Spitzenposition. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,7 (Mitte Juli: 1,6) eingestuft. Auf Platz zwei liegt Annalena Baerbock mit 1,3 (1,2) und auf Rang drei jetzt Cem Özdemir mit 1,0 (0,8). Danach folgen Olaf Scholz mit 0,8 (0,8), Hubertus Heil mit 0,7 (0,9), Karl Lauterbach mit 0,3 (0,4), Markus Söder mit minus 0,1 (minus 0,1), Christian Lindner mit minus 0,2 (minus 0,1), Friedrich Merz mit minus 0,4 (minus 0,4) und Sahra Wagenknecht mit minus 0,6 (minus 0,6).
Projektion: Gleichstand von Union und Grünen
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, käme die SPD nur noch auf 19 Prozent (minus zwei) und die CDU/CSU auf 26 Prozent (unverändert). Die Grünen könnten sich auf 26 Prozent (plus eins) verbessern, die FDP auf sieben Prozent (plus eins) und die AfD auf zwölf Prozent (plus eins). Die Linke würde mit vier Prozent (minus eins) an der Fünf-Prozent-Grenze scheitern und die anderen Parteien lägen weiterhin bei sechs Prozent, darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde.
Für strengere Corona-Maßnahmen im Herbst
Eine Mehrheit von 65 Prozent spricht sich für strengere Corona-Schutzmaßnahmen aus, wenn es im Herbst zu einer weiteren Corona-Welle mit deutlich höheren Infektionszahlen kommen sollte (dagegen: 33 Prozent). Dennoch finden 74 Prozent die Pläne der Bundesregierung gut, gesetzlich keine Schulschließungen mehr zuzulassen (nicht gut: 23 Prozent). Auch Lockdowns zu verhindern, finden 68 Prozent gut (nicht gut: 29 Prozent).
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 9. bis 11. August 2022 bei 1.389 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von zehn Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte.
Daten zur politischen Stimmung: SPD: 20 Prozent, CDU/CSU: 25 Prozent, Grüne: 32 Prozent, FDP: sieben Prozent, AfD: acht Prozent, Linke: fünf Prozent. Das nächste bundesweite Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, den 9. September 2022. Informationen zur Methodik der Umfrage und zu den genauen Frageformulierungen finden Sie auch auf www.forschungsgruppe.de.