In Deutschland leben deutlich mehr ältere Menschen als junge. Entscheiden "die Alten" über die Zukunft, die sie selbst nicht mehr miterleben? Was heißt das für unsere Demokratie?
Fast 30 Prozent der Menschen in Deutschland sind über 60. Ist unsere Demokratie für junge Menschen ungerecht? In diesem Video gibt’s die Antworten.
Deutschland wird immer älter. Die Menschen leben länger, gleichzeitig werden viel weniger Kinder geboren als noch vor einigen Jahrzehnten.
Mehrheit der Wahlberechtigten über 50
Auch an der Wahlurne führt die Demografie zu einem Ungleichgewicht: Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten in Deutschland sind 50 Jahre alt und älter. Dagegen sind gerade einmal 14 Prozent unter 30.
Dass die Älteren also prinzipiell einen größeren Einfluss auf den Ausgang einer Wahl haben, steht außer Frage. Entsprechend wichtig sind die älteren Wählerinnen und Wähler für den Erfolg der Parteien
Boomer gegen Generation Z?
Die zahlenmäßig größte Wählergruppe sind die sogenannten "Babyboomer", die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit. Viele Babyboomer sind mittlerweile im Rentenalter, während zum Beispiel die Generation Z gerade erst ins Berufsleben einsteigt.
Mit der bevorstehenden Pensionierung der sogenannten Babyboomer in den kommenden Jahren gerät das Rentensystem in Deutschland gehörig ins Wanken – und damit auch der Generationenvertrag.
Klimakrise, verschlafene Digitalisierung, Staatsverschuldung: alles Themen, mit denen die "Gen Z" und nachfolgende Generationen noch Jahrzehnte beschäftigt sein werden. Die Entscheidungen darüber treffen im Moment aber mehrheitlich andere, die Älteren.
Boomer gegen Generation Z - wird dieser "Generationenkampf" auch an der Wahlurne ausgetragen? Die Wahlergebnisse der Bundestagswahl 2021 zeigen zumindest, dass die politischen Vorstellungen von junger und älterer Wählergruppe auseinandergehen.
Dass die verschiedenen Generationen unterschiedliche politische Ansichten haben, ist nicht neu.
Das bedeutet aber nicht, dass ältere Wählerinnen und Wähler die Zukunft junger Menschen nicht interessiert. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat 2014 beispielsweise gezeigt, dass viele ältere Menschen zukunftsorientierter wählen als junge Menschen.
Eine Umfrage aus Hamburg 2019 zeigt: Auch wenn Jüngere in der Klimakrise das größere Problem sehen, sind es vor allem Ältere, die bereit sind, dafür Opfer zu bringen. 57 Prozent der Über-60-Jährigen versuchen beispielsweise Flüge zu vermeiden. Bei den 18-39-Jährigen geben das nur 32 Prozent an. Sind die Einstellungen der Generationen vielleicht doch nicht so pauschal gegensätzlich, wie oft suggeriert wird?
- Daten zum Klimawandel im Überblick
Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
Im Gegenteil: Die Einstellungen scheinen sich weiter anzunähern. "Wenn wir mal ein paar Jahrzehnte zurückgehen und das miteinander vergleichen, dann hatten wir früher viel größere, auch kulturelle Unterschiede, auch zwischen den einzelnen Generationen in Deutschland", sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen.
Ideen für mehr Gerechtigkeit?
Das Ungleichgewicht der Altersgruppen an der Wahlurne empfinden einige trotzdem als ungerecht und fordern zum Beispiel ein Wahlrecht ab 16. Immerhin wären damit mehr als eine Million junge Menschen zusätzlich wahlberechtigt.
Zumindest bei der nächsten Wahl zum EU-Parlament 2024 werden zum ersten Mal auch 16- und 17-Jährige wählen dürfen. Der Bundestag stimmte Mitte November dem Getzentwurf der Koalition zu.
18, 16, 0: Wählen für Minderjährige, das steht bei den Ampelparteien fest auf dem Zettel. Erst mal ab 16, doch viele fragen auch: Warum nicht gleich ab Geburt?
Klar ist: Dass jede Stimme gleich viel zählt und dass das Parlament den Willen der Mehrheit vertritt, ist ein wesentlicher Grundsatz der Demokratie. Neben dem Einsatz in Parteien, Initiativen etc. bleibt der jungen Generation im Moment vor allem eines: wählen zu gehen. Denn die Wahlbeteiligung junger Menschen liegt seit 1935 kontinuierlich hinter der der älteren zurück.