"Reporter ohne Grenzen" hat Ungarns Ministerpräsident Orban auf die Liste der größten "Feinde der Pressefreiheit" gesetzt. Damit steht dort erstmals ein EU-Regierungschef.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist von "Reporter ohne Grenzen" (RSF) auf die Liste der weltweit größten "Feindinnen und Feinden der Pressefreiheit" gesetzt worden. Mit Orban stehe zum ersten Mal ein EU-Regierungschef auf der Liste, teilte die Journalistenorganisation in Berlin mit.
Seit Orban und seine Fidesz-Partei 2010 in Ungarn an die Regierung gekommen sind, hätten sie die Medienlandschaft Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht, erklärte RSF. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender seien in der staatlichen Medienholding MTVA zentralisiert worden. Die regionale Presse befinde sich seit 2017 vollständig im Besitz Orban-freundlicher Unternehmer. Wichtige unabhängige Medien seien ausgeschaltet worden.
Die am Montag veröffentlichte Liste umfasst 37 Staats- und Regierungsoberhäupter, die laut RSF in besonders drastischer Weise die Unterdrückung der Pressefreiheit verkörpern. Unter ihrer Herrschaft würden Medienschaffende verunglimpft, inhaftiert, sogar ermordet und Medien zensiert.
Auch Bolsonaro ist neu auf der Liste
Neu auf der Liste sind neben Orban auch der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro und der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, dem RSF unter anderem wegen des Mordes an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi 2012 Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft. Zu den Neuen gehört zudem Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam.
Daneben fänden sich auf der Liste viele langjährige "Feinde der Pressefreiheit", hieß es. Zu ihnen gehörten etwa Eritreas Präsident Isaias Afewerki, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, Syriens Machthaber Baschar al-Assad und der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko.
Erschreckend sei, dass die Verantwortlichen oft straflos davonkämen. Die letzte Liste wurde 2016 veröffentlicht.
- Die Pandemie der Unfreiheit
Ana Lalić wusste, dass der Artikel ihr in der Regierung keine Freunde macht. Aber dass die Polizei sie kurz nach Veröffentlichung zu Hause abholt – damit hat sie nicht gerechnet.