Der Krieg in der Ukraine beschäftigt Menschen weltweit. Wie kommentieren Tageszeitungen und Medien die Entwicklungen in Europa? Eine Presseschau.
Wie deutsche Zeitungen auf den Krieg in der Ukraine blicken - die Presseschau im ZDF-Morgenmagazin mit Johannes Leithäuser (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
Der Krieg in der Ukraine dauert an. Im Folgenden blicken wir auf vier ausgewählte internationale Pressestimmen am 13. Tag des russischen Angriffs:
"Dagens Nyheter": Russland schafft neues Nordkorea in Europa
Die liberale schwedische Tageszeitung "Dagens Nyheter" aus Stockholm schreibt zum Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin:
"Zuerst hat Putin Russland zu einer Diktatur gemacht. Nun werden auch die verbliebenen Luftlöcher geschlossen. Die Repression gegen die, die gegen den Krieg protestieren wollen - oder einfach die Fakten feststellen, dass Krieg herrscht - hat dramatisch zugenommen. Mehrere unabhängige russische Medien sind geschlossen worden. Am Samstag trat ein Gesetz in Kraft, das es strafbar macht, den Krieg auch nur als Krieg zu bezeichnen. Facebook wurde blockiert.
Desinformation und Propaganda sind zentrale Werkzeuge der Machtausübung. Unbequeme Journalisten werden bedroht und ermordet. Jetzt darf die Wahrheit nicht mal mehr ausgedrückt werden.
Ein Weg zurück in die europäische Wärme ist für Putin nach der großangelegten Invasion undenkbar. Mit dem Einmarsch hat er stattdessen einen neuen Eisernen Vorhang errichtet. Auf der einen Seite ein demokratisches Europa. Und auf der anderen - eine neue Sowjetunion? Kaum gleichbedeutend mit Supermacht. Aber vielleicht in dem Sinne, dass es eine totalitäre Gesellschaft wird. Ein neues Nordkorea. Totalitär, isoliert, verarmt."
"La Stampa": Putin lebt in Welt aus falschen Bildern
Zum Verhalten von Kremlchef Wladimir Putin schreibt die italienische Zeitung "La Stampa" aus Turin:
"Im Allgemeinen haben Diktatoren Doppelgänger, Double, die für sie Risiken eingehen müssen. Putin hingegen hat ein Volk von Doppelgängern, zuverlässige und nette Mitbürger, bei denen nie die Gefahr für verkehrte Sätze, geschweige denn eines Protestes besteht.
Der frühere russische Außenminister Andrej Kosyrew argumentiert, dass Putin seinen Propagandisten glaube, und das erklärt auch den Fehler, angegriffen und gleichzeitig die Stärke sowohl des ukrainischen Widerstands als auch der westlichen Reaktion unterschätzt zu haben.
"Wir denken nicht, dass es zu einem breiten Volksaufstand kommen wird - dafür sind viele Menschen in Russland zu apathisch“, so Anke Giesen, Vorstand Memorial Deutschland/International.
Aber wenn der russische Präsident nun schon jahrelang statt Bürgern Hologramme und Schauspieler traf, verstehen wir seine Hartnäckigkeit, in den ukrainischen Städten keinen Stein auf dem anderen lassen zu wollen:
- CIA-Profil: Inside Putins Kopf
Die CIA lässt detaillierte Persönlichkeitsprofile von Machthabern erstellen, um deren Verhalten einordnen zu können. Auch zu Präsident Putin gibt es solche Einschätzungen.
Von diesem virtuellen Bunker aus (...) ist es schwierig, auch das Russland zu sehen, dass gegen den Krieg protestiert, und sich der Existenz einer neuen Generation bewusst zu werden, die nicht an postsowjetischer imperialer Manie leidet."
"Wall Street Journal": Merkel machte Deutschland zur Geisel der russischen Energie
Angesichts des russischen Angriffskrieges auf das Nachbarland Ukraine blickt das "Wall Street Journal" auf die Russland-Politik von Ex-US-Präsident Barack Obama und der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück. Die US-amerikanische Zeitung kommentiert:
"Kriege können Reputationen verändern, selbst im Nachhinein. Zwei führende Politiker, deren Vermächtnis im Lichte des Krieges in der Ukraine viel schlechter aussieht, sind Angela Merkel und Barack Obama.
Ihr Nachfolger hat ihr Erbe innerhalb einer Woche verworfen.
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Obama sollte als der Präsident in Erinnerung bleiben, der sich weigerte, tödliche Verteidigungswaffen an die Ukraine zu verkaufen - selbst nachdem Putin 2014 die Krim erobert hatte. Er wollte nicht einmal Javelin-Panzerabwehrwaffen verkaufen, die jetzt dem ukrainischen Militär helfen, die russische Invasionsarmee aufzuhalten. (...) Obama sagte (in einem Interview 2016), dass die Ukraine "für eine militärische Vorherrschaft Russlands anfällig sein wird, egal was wir tun". (...)
Herr Putin sieht das eindeutig so."
"Hier sieht man das so, dass es ein bisschen Hoffnung gibt“, so Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent in Washington: Die Russland-Sanktionen würden greifen und auch militärisch laufe es für den Kreml nicht gut.
"De Standaard": Europa braucht Energiesolidarität
Die belgische Zeitung "De Standaard" kommentiert die Bemühungen der EU, die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu reduzieren:
"Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen bei einem Gipfeltreffen in Versailles über eine Strategie zur drastischen Reduzierung der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen beraten. Doch so etwas umzusetzen, braucht Zeit und die ist knapp.
Der stärkste europäische Player, Deutschland, fällt ohne russisches Gas einfach in den Stillstand. Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie gerät unweigerlich unter Druck, genau wie bei uns. Aber es ist immer noch besser, die Betriebsdauer der bestehenden Kernkraftwerke zu verlängern anstatt zur umweltverschmutzenden Stein- und Braunkohle zurückzukehren.
Es sei nicht leicht, russisches Gas zu ersetzen, sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert. Aber es sei möglich. Man müsse schnell von fossiler Energie wegkommen.
Die größte Herausforderung wird jedoch darin bestehen, die europäische Energiesolidarität zu organisieren. Neben einer Vereinbarung über eine gerechte Verteilung der Lasten durch die Flüchtlingskrise muss es dringend einen Deal zu den energiewirtschaftlichen Folgen des Krieges geben."
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