Zehntausende sind in ganz Russland für Kreml-Kritiker Nawalny auf die Straße gegangen. Es gab über 2.000 Festnahmen, darunter auch Nawalnys Ehefrau. Sie kam später wieder frei.
Nach dem Aufruf von Kreml-Kritiker Nawalny sollen am Samstag in über 70 russischen Städten Proteste stattfinden. In Chabarowsk, im Osten des Landes, gab es bereits Festnahmen.
In ganz Russland demonstrierten am Samstag Menschen für die Freilassung des inhaftierten Kreml-Gegners Alexej Nawalny.
Nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD hat die Polizei landesweit über 2.000 Menschen in verschiedenen Städten festgenommen - vor allem in den beiden größten Metropolen Moskau und St. Petersburg. Auch Nawalnys Frau Julia wurde inmitten der Demonstrationen in Moskau festgenommen. Sie soll Medienberichten zufolge mittlerweile aber wieder frei sein.
Demo in Moskau seit Mittag - viele Festnahmen
Obwohl die Moskauer Polizei im Vorfeld Straßen abgeriegelt und mehrere Demonstrierende sowie Unterstützer von Nawalny festgenommen hatte, kamen am Mittag Tausende Menschen auf dem Puschkin-Platz im Zentrum der Hauptstadt zusammen und zogen von dort aus weiter. Viele Demonstrierende bewarfen Polizisten, die sie vertreiben wollten, mit Schneebällen.
Videos unter anderem bei Telegram zeigen Zusammenstöße zwischen Einsatzkräften und Demonstrierenden. Polizisten gingen mit Schlagstöcken auf die Zivilisten los.
Wie auf verschiedenen Aufnahmen zu sehen ist, wurden mehrere Menschen verletzt. Bilder zeigen Protestierende mit verbunden Köpfen oder Verletzungen im Gesicht.
Alleine in Moskau seien im Zuge der Demonstrationen mehr als 500 Personen festgenommen worden, wie die Bürgerrechtsorganisation OWD mitteilte.
Menschen rufen "Freiheit für Nawalny" und "Nieder mit dem Zaren!"
Im gesamten Land gingen die Menschen auf die Straße - von Wladiwostok ganz im Osten bis Kaliningrad im Westen des Landes. Sie riefen "Freiheit", "Wir gehen nicht weg" oder "Nieder mit dem Zaren!". In St. Petersburg riefen die Leute: "Freiheit für Nawalny" und "Putin ist ein Dieb". "TV Rain" berichtet, dass Demonstrierende von Behörden abgeführt und in Bussen weggefahren wurden.
Zum Teil griff die Polizei aber auch nicht ein, wie etwa auf Videos aus der südostsibirischen Stadt Tschita zu sehen ist. In der Stadt Tomsk, wo Nawalny im August Opfer eines Anschlags mit dem Nervengift Nowitschok wurde, sollen sich Menschen zur größten nicht genehmigten Demo seit Jahren versammelt haben.
Demos bei unter -50 Grad in Jakutsk
Im sibirischen Jakutsk gingen die Protestierenden sogar bei Temperaturen von unter -50 Grad Celsius auf die Straße.
Die Reporter von "TV Rain" haben mit Demonstrierenden im Moskau und St. Petersburg gesprochen. Einige, vor allem junge Menschen erklärten, zum ersten Mal auf einer solchen Kundgebung zu sein und waren motiviert durch Nawalnys aktuelles Video, in dem er Präsident Wladimir Putin der Korruption und des Missbrauchs von Steuergeld für den Bau eines Palasts am Schwarzen Meer beschuldigt.
Andere erklärten, nicht wegen Nawanly selbst, sondern aus grundsätzlicher Kritik am Machtapparat um Putin auf die Straße gegangen zu sein.
Russland verbietet sich Einmischung aus Ausland
Nawalnys Anhänger hatten für diesen Samstag in mehr als 90 russischen Städten zu Protesten aufgerufen. Sie fordern die Freilassung des Oppositionellen, der am Montag in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden war.
Er soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte. Nawalny und sein Team sehen das Vorgehen der Justiz politisch motiviert.
Derweil hat sich Russland eine Einmischung aus dem Ausland verbeten. Das russische Außenministerium kritisierte in einer Mitteilung die US-Botschaft in Moskau, die mehrere für Samstag geplante Demonstrationen mit genauen Treffpunkten und Uhrzeiten aufgelistet hatte.