Mit Drohungen, Atomwaffen einzusetzen, ziele Putin auf unsere Köpfe, sagt Sicherheitsexpertin Gaub bei "Lanz". Nicht die Bombe sei die Waffe, sondern die Angst davor.
Nein, es droht kein Dritter Weltkrieg. Das betont Sicherheitsexpertin Florence Gaub - und erklärt, warum Wladimir Putin erreichen möchte, dass Menschen in Europa genau das denken.
Immer wieder hatte Wladimir Putin mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht, sollte der Westen in der Ukraine militärisch intervenieren. Aussagen, die Angst verursachen: Angst vor einem Atomschlag, Angst vor einem Dritten Weltkrieg. Mit Blick darauf sagte die Sicherheitsexpertin Florence Gaub am Dienstagabend bei Markus Lanz: "In dem Moment, wo Sie Angst kriegen, sollten Sie sich fragen: Moment, ist das vielleicht genau das, was [Putin] erreichen will?" Denn:
Das Bedrohungsgefühl, das man angesichts Putins Drohungen empfinde, sei genau das, was der russische Präsident erreichen wolle, so Gaub. Das sei eigentlich "schlichte Propaganda". An diese seien wir jedoch nicht mehr gewöhnt.
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Sicherheitsexpertin: Atomwaffen-Drohung als Strategie
Die Analystin vom Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien (EUISS) stellte klar: In der russischen Militärstrategie des Jahres 2020 sei "für jeden eindeutig lesbar, dass die Androhung von nuklearen und chemischen Waffen Teil der Strategie ist".
[Warum überhaupt nun im Zusamenhang mit der Ukraine von Atomwaffen die Rede ist]
Seit 2015 hätten die Russen immer wieder mit nuklearen Waffen gedroht. Gaub verdeutlichte den strategischen Gedanken hinter den Drohungen: "Was macht das mit Ihnen? Was macht das mit unseren Bevölkerungen? Was macht das mit jedem Entscheidungsträger, der auch nur ein Mensch ist?"
Europa überrascht Putin mit Einigkeit
Die Antwort sei "furchtbare Angst", die dazu führe, nicht mehr strategisch denken zu können und in zwei Mechanismen zu verfallen: Flucht, beziehungsweise Appeasement, also nachgebende Beschwichtigungspolitik. Oder offensive Gegenreaktion.
Dieses Mal sei Europa in die andere Richtung gegangen und habe - zur Überraschung Putins - "eskaliert". Die Europäische Union hatte schnell und geschlossen gemeinsame harte Sanktionen gegen Russland verhängt.
Atombombe erst zweimal verwendet
Bezüglich der Angst vor einem Atomkrieg erinnerte Gaub daran, dass die Atombombe erst zweimal verwendet wurde: Im Zweiten Weltkrieg hatten die USA über Hiroshima und Nagasaki Atombomben abgeworfen. Japan hatte daraufhin kapituliert.
Mit Blick auf die Zukunft sagte Gaub: Wenn überhaupt, werde Russland eine "taktische Bombe" einsetzen – "etwas, was wesentlich weniger Effekt hat, (…) einen wesentlich kleineren Raum, ein Stadtviertel oder eine kleine Stadt betrifft."
Gaub: Russland hofft auf Kapitulation der Ukraine
Die Absicht hinter einem solchen Szenario könne sein, dass Russland infolgedessen mit einer Kapitulation der Ukraine rechne – wie einst bei Japan 1945. Gaub äußerte die Hypothese, dass sich die Ukrainer davon jedoch nicht brechen ließen. Daraus würde sich für Wladimir Putin ein Problem ergeben:
Immer wieder mit Nuklearwaffen zu drohen, "in der Hoffnung, dass die Angst dann irgendwann die Ukrainer bricht", sei für Putin daher die interessantere Waffe, so Gaub bei "Lanz".
Expertin: Nicht Putins Drohung hingeben
Ihr schien es an diesem Abend ein Anliegen zu sein, dafür zu werben, sich nicht Putins erwünschtem Bedrohungsgefühl hinzugeben. Florence Gaub schloss mit den Worten:
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