Sie sind hier:

Blamage bei Gegenoffensive : Russische Politiker fordern Putin-Rücktritt

Datum:

Von der ukrainischen Gegenoffensive wurde Moskau kalt erwischt. Russische Lokalpolitiker und selbst TV-Kommentatoren äußern deutlich wie nie Kritik an Putins Kriegsführung.

Die Rückschläge der russischen Armee im Osten der Ukraine infolge der ukrainischen Gegenoffensive bringt die russische Staatspropaganda in Erklärungsnöte. Seit Kriegsbeginn versuchen Kommentatoren und Talkshow-Gäste sich mit siegessicheren und nationalistischen Reden zu übertrumpfen.

Doch seit dem Wochenende ist die Stimmung merklich gedämpft. Eine Gruppe von Lokalpolitikern fordert jetzt sogar den Rücktritt von Präsident Wladimir Putin.

Ex-Abgeordneter: Putin-Berater "haben uns alle hereingelegt"

Dass es für Russland nicht gut läuft in der Ukraine kann immer seltener ausgeblendet werden. "Wir sollten beten, dass unsere Männer dort durchhalten", schloss etwa Moderator Anton Anisimow seine Talksendung auf dem russischen Sportsender Match TV am Freitag.

Ein Klick für den Datenschutz

Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutz-Einstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Mein ZDF“ jederzeit widerrufen.

Während die Siegesgewissheit schwindet, nimmt offene Kritik in den russischen Medien zu. Weniger am Krieg selbst, sondern vor allem an der Art, wie ihn Regierung und Militär führen. Im Sender NTV, der zum Staatskonzern Gazprom gehört, geht der frühere Parlamentsabgeordnete und häufige Talkshowgast Boris Nadeschdin hart mit dem Umfeld von Präsident Putin ins Gericht.

Die Berater hätten dem Präsidenten eingeredet, dass die Ukraine schnell aufgeben würde. "Sie haben uns alle hereingelegt", sagte Nadeschdin. Kritik an Putin selbst bleibt für Nadeschdin jedoch ein Tabu.

Es ist absolut unmöglich, die Ukraine mit diesen Mitteln und Kolonialkriegsmethoden zu besiegen.
Boris Nadeschdin im russischen Sender NTV

Der TV-Journalist Dimtri Kisseljow sagte zu Beginn seiner Sendung am Sonntagabend, dass es "eine äußerst schwierige Woche an der Front" gewesen sei.

Die Zeitung "Nesawissimaja Gaseta" merkte kritisch an, das Verteidigungsministerium habe sich über mehrere Tage hinweg nicht zu den "extrem verstörenden Nachrichten aus der Ukraine" geäußert. Das Blatt hielt auch fest, dass ukrainische Truppen auf Russlands Grenze vorrückten, während Russlands Militärführung derzeit Tausende Kilometer entfernt bei Großmanövern im Fernen Osten zugegen sei.

Ein Klick für den Datenschutz

Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutz-Einstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Mein ZDF“ jederzeit widerrufen.

Lokalpolitiker fordern Putins Rücktritt

Die deutlichste Reaktion auf das militärische Fiasko in der Ukraine kommt von einer wachsenden Gruppe von russischen Lokalpolitikern. Ein Schreiben mit inzwischen Dutzenden Unterstützern wurde von der Sankt Petersburger Bezirksrätin Xenia Torstrem auf Twitter veröffentlicht. Darin fordern sie Putins Rücktritt:

Wir glauben, dass die Handlungen von Präsident Wladimir Putin Russlands Zukunft und seinen Bürgern schaden. Wir fordern den Rücktritt von Wladimir Putin vom Amt des Präsidenten der Russischen Föderation!
Petition von russischen Lokalpolitikern

Über ein Onlineformular können sich Kommunalpolitiker auf die Liste der Unterstützer eintragen. Es kämen ständig weiter neue Unterstützer hinzu, schrieb die Abgeordnete Torstrem am Dienstagmorgen auf Twitter. Ihren Angaben zufolge hätten sich inzwischen mehr als 40 Lokalpolitiker aus insgesamt 18 Bezirken Sankt Petersburgs und Moskaus angeschlossen.

"Gute Reformen, aber danach ging alles schief"

Bereits in der vergangenen Woche hatten mehrere Moskauer Politiker ein ähnliches Rücktrittsgesuch an Putin gerichet. "Lieber Wladimir Wladimirowitsch", heißt es in dem Schreiben der Abgeordneten des Lomonossow-Bezirks: "Sie hatten in der ersten und teilweise in der zweiten Amtszeit gute Reformen, aber danach ging irgendwie alles schief."

Putins Rhetorik sei von "Intoleranz und Aggression" durchsetzt und werfe Russland zurück in die Zeit des Kalten Kriegs, kritisierten die Unterzeichner weiter.

Wir bitten Sie (...), Ihren Posten zu räumen, da Ihre Ansichten und Ihr Führungsmodell hoffnungslos veraltet sind.
Schreiben von Abgeordneten des Lomonossow-Distrikts

Auch der dem Kreml nahestehende tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow kritisierte zuletzt "Fehler" des russischen Verteidigungsministeriums.

Kann die Kritik Putin gefährlich werden?

Putin selbst muss solche Protestaktionen bislang wenig fürchten. Bei den Regionalwahlen am Wochenende fuhr seine Partei Einiges Russland wie erwartet einen Sieg ein. Oppositionelle Kandidaten waren kaum zugelassen.

Für den Russland-Experten und früheren CDU-Mitarbeiter Nico Lange ist der Protest jedoch ein Beleg, dass die russische Propaganda nicht funktioniere:

Jeder in Russland versteht, dass das ein militärischer Misserfolg ist.
Russland-Experte Nico Lange

"Es ist besonders bemerkenswert, dass sogar im staatlichen Fernsehen, also einem Medium, das einer sehr, sehr intensiven Kontrolle unterliegt, jetzt abweichende Meinungen zu den vorherigen geäußert worden sind. Also es tut sich was in Russland", sagt Lange in ZDFheute live:

Berichte: Ermittlungen gegen mehrere Petersburger Politiker

Für die Unterzeichner können solche Aktionen wiederum Konsequenzen haben. Seit dem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar geht Russlands Justiz besonders hart gegen Oppositionelle und Andersdenkende vor.

Medienberichten zufolge laufen etwa bereits Ermittlungen gegen mehrere Petersburger Politiker, die kürzlich eine Anklage Putins wegen Hochverrats forderten - mit Blick auf den von ihm angeordneten Krieg. Ihnen wird nun die "Diskreditierung" von Russlands Streitkräften vorgeworfen - darauf drohen Jahre im Straflager.

Wie die russische Staatspropaganda gegensteuert

Die russische Staatspropaganda versucht unterdessen dem fluchtartigen Teilabzug aus der Region Charkiw in Folge der Gegenoffensive einen neuen "Spin" zu geben: Es handle sich um eine "taktische Umgruppierung". Die ukrainischen Truppen seien zahlenmäßig in der Überlegenheit gewesen. Russlands Statthalter für Charkiw, Witali Gantschew, verwies im Nachrichtensender Rossija 24 auf angebliche westliche Söldner.

Andere Stimmen verbreiten Durchhalteparolen oder schlachten weitgehend symbolische Aktionen des russischen Militärs aus. Darunter etwa die Bombardierung ukrainischer Kraftwerke und die daraus resultierenden großflächigen Stromausfälle im Osten der Ukraine in der Nacht zu Montag.

Die Talkshow-Gastgeberin Olga Skabejewa eröffnete damit ihre tägliche Sendung am Montag - und versuchte so ein Narrativ von einem angeblichen "Wendepunkt" in der Militäroperation zu konstruieren.

Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

russische schwarzmeerflotte auf der krim
Liveblog

Russland greift die Ukraine an - Aktuelles zum Krieg in der Ukraine 

Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.

Aktuelle Nachrichten zur Ukraine

Putin auf Landkarte mit Russland, Ukraine, Georgien und Syrien
Story

Nachrichten | Politik - Putins Kriege, Putins Ziele 

Tschetschenien, Georgien, Syrien, Ukraine: Russland hat unter Putin schon in mehreren Ländern gekämpft. Zwischen den Kriegen gibt es Parallelen – hier die Hintergründe verstehen.

Fahnen wehen vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel

EU-Gipfel in Granada - Europa - der Krisenkontinent 

Die Regierungschefs der EU treffen sich ab Donnerstag zu einem zweitägigen Gipfel in Granada. Am ersten Tag mit 17 weiteren Staaten Europas. Es geht um Krisen, viele Krisen.

von Ulf Röller
Videolänge
Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.