Seit einem Monat gelten die Sanktionen gegen Russland. Doch wann zeigen sie Wirkung? Wie lange kann sich Putin seinen Krieg noch leisten?
Kann die Ukraine darauf hoffen, dass Wladimir Putin bald das Geld für seinen Angriffskrieg ausgeht? Dass die Sanktionen gegen Russland kurzfristig etwas bringen, "das wird nicht so sein", sagt Volkswirtschaftlerin Karen Pittel bei "Markus Lanz". "Das eigentliche Ziel ist mittelfristig." Es könne gut sein, "dass Russland das noch Jahrzehnte zu spüren bekommt".
Russland: Inflation hoch, Wachstum bricht ein
Ein Vorbote, was auf die russische Bevölkerung zukommt, ist die Inflation. Sie ist in Russland seit Beginn der Sanktionen bereits deutlich gestiegen. Mitte März erreichte sie mit rund 14,5 Prozent den höchsten Stand seit November 2015, wie aus Daten des Wirtschaftsministeriums hervorgeht. Eine Woche zuvor hatte sie bei rund 12,5 Prozent gelegen.
Nahezu alles verteuerte sich: von Babynahrung bis hin zu Medikamenten. Grundnahrungsmittel wie Zucker und Zwiebeln kosteten über 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ökonomen gehen davon aus, dass sich die Inflationsrate weiter in Richtung der 20-Prozent-Marke bewegen wird.
Gleichzeitig dürfte das russische Bruttoinlandsprodukt heftig einbrechen. Die Prognosen von Ökonomen des Institute of International Finance (IIF) sagen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 15 Prozent voraus. 2023 soll ein weiteres Minus von drei Prozent folgen. "Insgesamt bedeuten unsere Prognosen, dass die aktuellen Entwicklungen die wirtschaftlichen Gewinne von etwa 15 Jahren zunichtemachen werden", so das IIF.
Militärökonom: Sanktionen treffen Bevölkerung, Militär nicht
Dabei war Russlands Wirtschaft eigentlich auf einem guten Weg, so Militärökonom Marcus Keupp im ZDF-Morgenmagazin. Doch jetzt sehe man eine zunehmende Migration der gebildeten Mittelschicht aus Russland hinaus, bei russischen Unternehmensanleihen und Bankbilanzen erwartet er große Probleme.
Seit Putins Einmarsch in die Ukraine sind mittlerweile Zehntausende, meist junge Russen aus ihrer Heimat geflüchtet: Viele von ihnen sind gut ausgebildet und bestens vernetzt.
Der Ukraine-Krieg sei daher auch ökonomisch vollkommen unsinnig:
Hoffnungen auf ein baldiges Kriegsende im Zuge der Sanktionen zerschlägt Keupp aber: "Die russische Rüstungsindustrie ist autark." Das gelte sowohl für die Technologie, als auch die Arbeitskräfte und die Rohstoffe. Sie hängen nicht vom Öl- und Gasgeschäft ab, auch nicht von westlichen Devisen, erklärt Keupp.
"Die russische Wirtschaft war eigentlich auf einem sehr stabilen Wachstumskurs", sagt Militärökonom Marcus Keupp, es beginne nun ein "langsamer, kontinuierlicher Verfallsprozess".
Gleiches gelte etwa für die Treibstoff-Versorgung russischer Truppen, die sich komplett aus Russlands eigenen Reserven speist. Zudem habe Putin eine Reserve über den nationalen Wohlfahrtsfonds. Dieser schmelze durch die Sanktionen zwar und die russische Wirtschaft entwickle sich zurück, aber "deswegen darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass Russland jetzt quasi von heute auf morgen implodiert".
Und selbst wenn dieses Worst-Case-Szenario für die russische Wirtschaft eintreffen sollte, heiße das nicht, "dass der Krieg deswegen aufhört", erklärt Keupp:
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