Gründung 1922: So viel Sowjetunion steckt in Putins Russland
100 Jahre nach Gründung:So viel Sowjetunion steckt in Putins Russland
von Nina Niebergall
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Vor 100 Jahren wurde die Sowjetunion gegründet. Inzwischen ist das kommunistische Großreich längst untergegangen. Doch Putin will sich damit nicht abfinden.
Wladimir Putin will einen Platz in Russlands Geschichtsbüchern, und zwar nicht irgendeinen. Als großer Herrscher, in der Tradition von Iwan dem Schrecklichen, Peter dem Großen und - Josef Stalin. Männer ganz unterschiedlicher Epochen und unterschiedlicher Ideologien, denen eines gemein ist: Sie haben Russland zu einer Großmacht gemacht.
Putin trauert um Sowjetunion
Entsprechend negativ bewertet Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion. Und machte nie ein Geheimnis daraus. Schon 2005 bezeichnete er den Zerfall als "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts".
Am 21. Dezember 2021 sprach er in einer Dokumentation im russischen Staatsfernsehen von einer "Tragödie".
Ein Fingerzeig? Zwei Monate später griffen russische Truppen die Ukraine an. Putins Narration lautet: Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion leben russische Bürger nur zufällig außerhalb Russlands. In der Ukraine müssen sie von einem Nazi-Regime befreit werden.
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
Aber er kultiviert die Sowjet-Nostalgie, die viele Russen pflegen. Mehr als 60 Prozent bewerten die Auflösung der Sowjetunion negativ, laut Levada Center. Die dunklen Kapitel sind in den Hintergrund gerückt.
Dabei ließ vor allem der langjährige Diktator Josef Stalin politische Gegner verfolgen und ermorden. Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft brachte Millionen Menschen den Hungertod. Die meisten waren Ukrainer.
Ehemalige Sowjetrepubliken wenden sich ab
Heute wenden sich die ehemaligen Sowjetrepubliken mehr und mehr von Russland ab. Die Staaten, die sich 1991 zur GUS - Gemeinschaft unabhängiger Staaten - zusammengeschlossen haben, wollen sich nicht an ein Regime binden, das viele Verbündete verloren hat, sanktioniert wird, womöglich auch ihre Länder irgendwann angreifen könnte.
Der russische Journalist und Politikwissenschaftler Andrej Kolesnikow spricht deshalb vom "letzten Akt des Zusammenbruchs der Sowjetunion". Das Großreich, was Putin eigentlich wiederherstellen will, bröckelt. Und gehört bald wohl endgültig der Vergangenheit an.
Nina Niebergall berichtet als ZDF-Korrespondentin über Russland, die Kaukasus-Region und Zentralasien.