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Kommentar

Washington-Update : Nur ein klein wenig Eskalation?

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Flugverbotszonen über der Ukraine oder gar Killerkommandos für Putin könnten den Weltenbrand auslösen. Er muss von innen heraus gestoppt werden. "Squad 303" könnte dazu beitragen.

Berlin: Ein Mann schreibt auf der Tastatur eines Laptops.
Die Hacker-Gruppe "Squad 303" greift mit Cyber-Angriffen in Russlands Krieg gegen die Ukraine ein. Symbolbild.
Quelle: dpa

Bei der Luftschlacht um England im Zweiten Weltkrieg schossen sie die meisten deutschen Flugzeuge ab – die polnischen Piloten der Staffel 303 in der königlichen Luftwaffe Großbritanniens.

Nach ihr nennt sich heute eine Hacker-Gruppe, die "Squad 303", die den Kampf gegen den Kremlchef mit modernsten Methoden führt. Die sind zwar weniger tödlich als die Fliegerstaffel in den 1940er Jahren, aber vielleicht entfalten sie doch eine entscheidende Wirkung.

Squad 303: Mit der Wahrheit gegen den Kreml

Es geht darum, dem russischen Volk die Wahrheit zu sagen: "Kein Benzin. Kein Geld in den Banken. Putin zerstört Russland. Der Kreml lügt." Oder: "Putin versteckt sich in seinem Palast in Gelendschik, aber es gibt kein Geld in den Banken, kein Benzin, Russland ist pleite. Aufstehen!" Oder: "Liebe Russen, Ihre Medien werden zensiert. Der Kreml lügt. Finden Sie die Wahrheit über die Ukraine im kostenlosen Web und in der Telegram- App heraus. Zeit, Diktator Putin zu stürzen."

Es sind klare Botschaften, flankiert von Anleitungen, wie man es trotz der staatlichen Medienkontrolle in Russland schafft, an verlässliche Information von der BBC und anderen europäischen Medien zu kommen.

Die Squad 303 generiert die Texte in russischer Sprache und stellt Handynummern, die in Russland registriert sind, zur Verfügung, damit Menschen rund um den Globus solche Nachrichten an die russische Bevölkerung schicken können. Millionen beteiligen sich bereits an der Aktion, sagt einer der Anführer der Hacker-Gruppe, mit dem ich gesprochen habe. Mehr dazu in unserem auslandsjournal am kommenden Mittwoch.

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US-Regierung: Putin wird nicht aufhören

Ich schreibe aber jetzt schon davon, weil ein Bombardement aus Fakten und Wahrheiten das beste Mittel sein könnte gegen diesen Krieg. Denn Wladimir Putin wird, das ist die Einschätzung der US-Regierung, trotz militärischer Rückschläge und trotz der Sanktionen, nicht ruhen, bis er einen vermeintlichen Sieg durch Zerstörung der ukrainischen Streitkräfte reklamieren kann, mit katastrophalen Folgen für die Zivilbevölkerung.

Die Bilder sind jetzt schon unerträglich – so sehr, dass wir alle uns dringend ein wenig besser fühlen wollen. Also her mit der Flugverbotszone, hin mit den NATO-Kampfjets geflogen von ukrainischen Piloten und los mit dem Killerkommando, das Wladimir Putin töten soll. Letzteres hatte der amerikanische Senator Lindsay Graham diese Woche ins Spiel gebracht. Aber all diese Vorschläge dienen ausschließlich dazu, die eigene Hilflosigkeit und Ohnmacht zu lindern im Angesicht himmelschreiender Kriegsverbrechen.

Auch wenn die ersten beiden Maßnahmen noch rational begründbar sind, wären sie Stufen auf der Leiter, die geradewegs in den 3. Weltkrieg führen könnte. Ich sage nicht, "wird", aber allein die Möglichkeit sollte alle, die solche Vorschläge machen, vorher zur Beantwortung einer Frage zwingen: Sind Sie bereit, für einen neuen Weltenbrand?

Verbündete haben Russland isoliert

Die Biden-Administration und ihre europäischen Verbündeten haben darauf eine klare Antwort gegeben - NEIN. Der russische Vormarsch, der Einsatz von Clusterbomben, die Angriffe auf die Zivilbevölkerung einschließlich einer Entbindungsstation, die Verletzung von Waffenruhen - all das wird gerade mit einem Arsenal von Maßnahmen beantwortet:

Stinger und Javelins, die den russischen Truppen schwere Verluste zufügen; von Militärbasen in Osteuropa liefern amerikanische Cyberteams fast in Echtzeit Aufklärungsdaten zu den Truppenbewegungen an die ukrainischen Streitkräfte; durch die  Sanktionen aller Verbündeten ist die russische Wirtschaft ein Wrack, das Land fast zahlungsunfähig, obendrein der einsamste Staat der Welt, dem nicht einmal China aus der Patsche helfen wird.

Deshalb kommt es vor allem auf eins an: Dass die russische Bevölkerung, die russische Wirtschaft, die russischen Sicherheitskräfte verstehen, dass Wladimir Putin Mütterchen Russland mit seinen Allmachtsfantasien an den Abgrund bringt. Wenn der Tyrann sein eigenes Land verrät – und das tut er gerade – dann braucht es mutige Russen, die ihn stoppen.

Razzien beim russischen Geheimdienst FSB

Der ehemalige CIA-Büroleiter in Moskau, Steven Hall, setzt dabei vor allem auf die "siloviki" – die Eliten der Geheimdienste und des Militärs. Sie, so schreibt er in der Washington Post, hätten das meiste zu verlieren: "Die siloviki sind entschlossen, die tödliche Mischung aus harter Macht und Geheimhaltung einzusetzen, wenn eine ernste Gefahr für die russische Kleptokratie entsteht. Denn die Sicherheitselite gründet ihre Macht auf das System." 

Dass es Ende dieser Woche Razzien offenbar gegen den Geheimdienst FSB gab und mehrere seiner Anführer unter Hausarrest stehen, zeigt vielleicht, wie sehr Wladimir Putin seine eigenen Agenten fürchten muss. Das ist gut. Und je mehr die russische Bevölkerung die Wahrheit über Putins Krieg erfährt, desto größer die Chance für einen Umsturz von innen. Dazu trägt die "Squad 303" bei - mit ihrem Bombardement aus Fakten und Wahrheiten.

Elmar Theveßen ist Leiter des ZDF-Studios in Washington.

Montage: Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj vor einem Blick auf das zerstörte Mariupol

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06.06.2023
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