Putin ist wie Hitler? Historiker warnt vor Vergleichen

    Historiker warnt vor Vergleichen:Putin ist wie Hitler?

    02.07.2022 | 15:41
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    Durch den Ukraine-Krieg sind historische Vergleiche allgegenwärtig, wie Historiker Clark schreibt. Vergleiche wie der zwischen Putin und Hitler führten aber in eine Sackgasse.

    Das Bild zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
    Historische Vergleiche wie der zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Adolf Hitler nehmen seit dem Ukraine-Krieg zu. Doch wie hilfreich sind sie?
    Quelle: Sputnik/Mikhail Metzel/Kremlin via Reuters

    Bei Vergleichen von aktuellen Geschehnissen mit vergangenen Ereignissen mahnt Historiker Christopher Clark zur Vorsicht. Sinnvoll wäre, von "Eins-zu-Eins-Vergleichen nach dem Muster 'Putin gleicht Hitler' oder '2022 gleicht 1914' wegzukommen", schreibt Clark in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung".

    In den letzten Monaten wimmelte es geradezu von historischen Vergleichen.

    Christopher Clark, Historiker der Cambridge-Universität

    Clark: Auch Putin bemüht historische Vergleiche

    Gemeinsam sei den entsprechenden Äußerungen, "dass sie alle etwas rechtfertigen sollen - eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung".
    Besonders erfindungsreich sei in diesem Zusammenhang aber auch der russische Präsident Wladimir Putin selbst, schreibt Clark. So habe dieser bereits 2014 "vor dem Hintergrund der ersten russischen Invasion den Nicht-Angriffspakt zwischen Hitler und Stalin" rehabilitiert - Peter den Großen habe er als sein Vorbild bezeichnet. Und:

    Der Große Vaterländische Krieg gegen Nazideutschland ist als historischer Bezugspunkt ebenfalls omnipräsent.

    Christopher Clark, Historiker der Cambridge-Universität

    Historische Vergleich laut Clark teilweise trotzdem unverzichtbar

    Dabei geht es laut dem Wissenschaftler nicht um "vereinzelte handlungslegitimierende Gleichsetzungen", sondern "um das ganze Ensemble historischer Analogien, durch welche die öffentliche Wahrnehmung der politischen Lage gerahmt und gelenkt werden soll".
    Zugleich lasse sich auf historische Vergleiche nicht ganz verzichten, erklärt Clark. "Wir wissen als Individuen, dass uns in der Zukunft unvorhersehbare Ereignisse bevorstehen, die uns vor neue, noch nicht erlebte Herausforderungen stellen werden, möchten aber bei deren Bewältigung trotzdem nicht auf das individuelle Gedächtnis verzichten."



    Ähnlichkeiten zwischen Putin und Hitler "nur bedingt" vorhanden

    Gleichsetzungen wie die stellenweise geäußerte zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Adolf Hitler führten "fast immer in eine Sackgasse, weil die Ähnlichkeiten immer nur bedingt und partiell sind".
    Hilfreicher sei es, "Resonanzen" zu untersuchen und zu hinterfragen, "ohne gleichzeitig davon auszugehen, dass die Zwangslagen, in denen sie eingebettet waren, sich unbedingt in der Gegenwart wiederholen werden". Zudem lohne es sich, über das 20. Jahrhundert hinaus zu denken: Es könnte sein, dass dessen Relevanz "derzeit überhaupt nachlässt", so Clark.
    So erinnerten aktuelle Debatten über den Nationenbegriff eher an das 19. Jahrhundert. Auch sollte die Bedeutung entsprechender Signale von Politikern nicht unterschätzt werden, betont der Historiker.
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    Quelle: KNA

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