SPD-Politiker Karl Lauterbach lobt die Corona-Beschlüsse als "Meilenstein". Virologe Hendrik Streeck widerspricht. Er greift Lauterbach an - und fordert langfristige Strategien.
Schulen und Kitas sollen, anders als im Frühjahr, geöffnet bleiben. Doch die Gastronomie muss schließen, und auch Freizeitangebote werden eingeschränkt. Die neuen Regeln sollen bundeseinheitlich ab dem 2. November gelten.
Es sind große Worte, die der SPD-Politiker und Mediziner Karl Lauterbach zu den neuen Beschlüssen der Bundesregierung wählt. Sie seien ein "großer Erfolg und ein Meilenstein", so Lauterbach. Man werde die "zweite Welle der Pandemie brechen und aus dem exponentiellen Wachstum herauskommen", sagt Lauterbach.
Lauterbach lobt auch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder. Anders als vor zwei Wochen hätten Bund und Länder gezeigt, "wie geschlossen in einer Notlage reagiert werden kann", twitterte Lauterbach. Er sei dankbar für das Ergebnis. Mit den neuen Beschlüssen werde Deutschland gut durch die zweite Welle kommen.
Virologe Streeck greift Lauterbach an
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck griff Lauterbach an: "Ich höre von Ihnen leider keine konstruktiven Vorschläge", twitterte er. "Sagen Sie uns doch mal ganz konkret, wie kommen wir Ihrer Meinung nach durch die nächsten Jahre? Nicht nur die nächsten Wochen."
Langfristige Strategien der Politik vermisst der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Es müssten jetzt die verwundbaren Gruppen in der Gesellschaft geschützt werden.
Auch Streecks Kollege Jonas Schmidt-Chanasit teilt Lauterbachs Einschätzung nicht. Im ZDF sagte er, ihm fehle eine längerfristige Strategie. Ein kurzer Sprint von vier Wochen könne zwar dazu führen, dass sich die Situation entspanne. Aber: "Dann sind wir Weihnachten wieder an einem ähnlichen Punkt und müssen uns wieder etwas überlegen."
Corona-Lockdown kann wieder "gewisse Sicherheit" bringen
Zustimmung für die neuen Corona-Beschränkungen kommt aus der Wirtschaft. Klaus Weber, Wirtschaftsexperte des ZDF, hofft, dass die Beschränkungen dazu führen, dass eine gewisse Sicherheit zurückkomme. Weber sagt ZDFheute:
Niedrigere Fallzahlen könnten das verhindern. Insgesamt sei die Lange dennoch nicht vergleichbar mit der im Frühjahr, sagt Weber - denn: "Der Einzelhandel hat während der ersten Corona-Welle die Möglichkeit gehabt, neue Konzepte zu entwickeln - konnte sich also auf so eine Situation vorbereiten." Dennoch werde die Wirtschaft erst mal stagnieren, so Weber.
Kritik aus der Opposition an Corona-Maßnahmen
Kritik an den neuen Beschlüssen kommt etwa aus der AfD. Der erneute Lockdown werde "zum Knockdown für zahlreiche Unternehmen und Arbeitnehmer führen", so AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen. FDP-Chef Christian Lindner äußerte Bedenken, ob die Maßaßnahmen verfassungskonform seien.
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Die neuen Corona-Regeln von Bund und Ländern
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben Bund und Länder einen Teil-Lockdown beschlossen. Er gilt ab Montag, 2. November, bis Monatsende - vorerst. Hier die Pläne im Überblick.
"Unverhältnismäßig und ineffektiv", nennt Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch die neuen Regeln auf Twitter. Sie seien ein Plan, "wie man die Bürger verliert". Durch die neuen Maßnahmen treibe man die Bürger in den privaten Raum, wo laut Bartsch die meisten Infektionen stattfinden.
Bedenken um Rechtssicherheit der Corona-Beschlüsse
Unklar ist, wie rechtssicher die neuen Beschlüsse sind. Kritiker verweisen auf das Beherbergungsverbot, das bereits vor einigen Wochen in vielen Bundesländern gerichtlich ausgesetzt wurde. Das könnte auch bei den neuen Regelungen passieren, sagt Felix Zimmerman, Rechtsexperte des ZDF.
"Es kann durchaus sein, dass das ein oder andere Gericht die Maßnahmen wieder kippt." Aber der entscheidende Unterschied sei, dass die neuen Regeln besser zu rechtfertigen seien, da sie in allen Bereichen ähnlich stark greifen würden, so Zimmermann.