Das Bundeskabinett hat die zum 1. Juli geplante Rentenerhöhung auf den Weg gebracht. Es ist die kräftigste Erhöhung seit Jahrzehnten. Dennoch kommt Kritik von den Sozialverbänden.
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die zum 1. Juli geplante Rentenerhöhung auf den Weg gebracht. Trotz der Corona-Pandemie ist es der höchste Anstieg seit Jahrzehnten.
- In Westdeutschland steigen die Renten zum 1. Juli nach einer Nullrunde im vergangenen Jahr nun um 5,35 Prozent.
- In Ostdeutschland nach einer leichten Erhöhung im Vorjahr nun um 6,12 Prozent.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales teilte mit:
Im Osten ist es nach dpa-Angaben der stärkste Anstieg seit 1994. Infolge der Erhöhung steigt zum 1. Juli eine monatliche Rente von 1.000 Euro im Westen um gut 53 Euro, eine gleich hohe Rente im Osten um 61 Euro. Dass die Renten im Osten stärker steigen als im Westen liegt an der sogenannten Angleichungstreppe: Bis 2024 wird der Rentenwert im Osten an den im Westen angepasst, bis er gleich hoch ist. Nach Ministeriumsangaben erreicht der aktuelle Rentenwert im Osten 98,6 Prozent des Westwertes.
Sozialverbände: Inflation frisst Rentenerhöhung
Von der diesjährigen Erhöhung profitieren rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland. Sozialverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierten allerdings, dass die Rentner wegen der hohen Inflation kaum etwas davon haben dürften.
Kritik kam auch von der Linken. Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte im rbb-Inforadio zur
Rentenerhöhung, die Zahlen wirkten auf den ersten Blick hervorragend. "Wenn man allerdings dazu sagt, dass die Inflationsrate aktuell deutlich höher ist, dann weiß man, dass das real ein Verlust ist für die Rentnerinnen und Rentner".
Was muss passieren, damit das Rentensystem auch in Zukunft tragfähig ist? Welche Reformen anstehen und welche Möglichkeiten es gibt, erklärt Susanne Biedenkopf, Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft.
Nachholfaktor verhindert noch deutlichere Erhöhung
Der Rentenanstieg wäre wegen der 2021 deutlich gestiegenen Löhne noch höher ausgefallen. Es greift aber in diesem Jahr wieder der sogenannte Nachholfaktor, der mit dem Gesetzenwurf wieder aktiviert wird - "zur Wahrung der Generationengerechtigkeit", wie das Ministerium mitteilte.
Bei sinkenden Löhnen wird durch die geltende Rentengarantie verhindert, dass die Altersbezüge ebenfalls sinken. So hätte es 2021 rechnerisch eine Rentenkürzung geben müssen. Die Rente blieb aber stabil. Diese verhinderte Rentenkürzung wird bei wieder steigenden Löhnen durch den Nachholfaktor nachgeholt, Rentenanstiege fallen damit geringer aus.
Rente? Du nicht! Warum du nicht das bekommst, was du verdienst.
Kritik an Nachholfaktor von Gewerkschaft
Von den Arbeitgebern wird die Wiedereinführung des Nachholfaktors begrüßt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte dagegen den Schritt und nannte ihn einen "schweren handwerklichen Fehler". Die Regierung koppele die Renten damit dauerhaft von der Entwicklung der Löhne ab, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel:
Verbesserte Erwerbsminderungsrente beschlossen
Der Gesetzentwurf sieht außerdem Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente vor. Etwa drei Millionen Menschen sollen ab 2024 mehr Geld bekommen. Die Anhebung kann bis zu 7,5 Prozent betragen. Anders als sonst wird deshalb in diesem Jahr auch der Bundestag über die Rentenanpassung beraten, weil sie mit gesetzlichen Änderungen verbunden sein wird. Üblicherweise muss nur der Bundesrat zustimmen.