Schüsse in Boxberg: "Reichsbürger" schweigt vor Gericht

    Schüsse in Boxberg:"Reichsbürger" schweigt vor Gericht

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    Polizisten wollten die Wohnung des mutmaßlichen "Reichsbürgers" in Boxberg durchsuchen, dann soll der Mann auf sie geschossen haben - vor Gericht schweigt er.

    Ein Jahr nach einer Razzia im baden-württembergischen Boxberg hat vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess gegen einen mutmaßlichen "Reichsbürger" begonnen. Er soll auf Polizisten geschossen haben. Zu Beginn verlas die Bundesanwaltschaft ihre Anklageschrift. Darin wirft sie dem 55-Jährigen unter anderem mehrfachen versuchten Mord vor.
    Der Angeklagte selbst äußerte sich zunächst nicht. Ihr Mandant werde zu einem späteren Zeitpunkt Angaben zu seinem Lebenslauf machen, nicht aber zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen, erklärte seine Verteidigerin. Das habe er bereits dem Gutachter gegenüber getan, das reiche zunächst aus.

    Auf Polizisten geschossen

    Im April 2022 hatten mehrere Polizisten die Wohnung des Angeklagten wegen des Verdachts auf illegalen Waffenbesitz durchsuchen wollen. Der Mann war aktenkundig, er lebte in der Wohnung einer Familie, die der "Reichsbürger"-Szene zugeordnet wird. Als die Beamten das Grundstück betraten, soll er mit einem Schnellfeuergewehr durch die Rollläden hindurch zahlreiche Schüsse auf die Beamten abgegeben haben. Dabei habe er mehrmals die Position gewechselt, um die nach Deckung suchenden Menschen zu treffen, erklärte die Bundesanwaltschaft bei der Anklageerhebung im Januar.
    Ein Polizist sei von Geschossteilen in beide Beine getroffen worden. Ein anderer sei leicht verletzt worden, als er versucht habe, sich vor dem Beschuss zu schützen. Erst nach etwa zwei Stunden soll der 55-Jährige seine Wohnung verlassen haben. In dem Gebäude wurden demnach mehrere Schusswaffen und mehr als 5.000 Schuss Munition gefunden.
    Ein Mann trägt einen Pullover mit dem Aufdruck auf der Rückseite  «Deutsches Reich» bei einer Demonstration von Reichsbürgern.
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    "Reichsbürger" erkennen Staat nicht an

    Die Bundesanwaltschaft erklärte, dass der Angeklagte eine Reichsbürgerideologie vertrete, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugne und hoheitliche Befugnisse ihrer Repräsentanten nicht anerkenne. Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht setzte zahlreiche Verhandlungstermine bis vorerst Ende Oktober an.
    Es ist innerhalb kurzer Zeit das zweite Verfahren in Stuttgart, das Generalbundesanwalt Peter Frank gegen die Szene anstrengt. Vor knapp zwei Wochen ist dort bereits ein mutmaßlicher "Reichsbürger" wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Der 62-Jährige soll im südbadischen Efringen-Kirchen absichtlich einen Polizisten angefahren und schwer verletzt haben.
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    Quelle: dpa, AFP

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