Reichsbürger-Razzia: Wusste Verschwörer-Oberst Bescheid?

    Reichsbürger-Festnahmen:Wusste Verschwörer-Oberst von Razzia?

    von Julia Klaus
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    Einer der Festgenommenen im Reichsbürger-Komplex ist Ex-Bundeswehroberst Max Eder. Er rief vor der Razzia seine Nachbarin an und warnte sie. Wie kann das sein?

    Maximilian Eder, Oberst a.D., während einer Kundgebung in Nürnberg im Januar 2022.
    Festgenommener Maximilian Eder, Oberst a.D., während einer Kundgebung in Nürnberg im Januar 2022.
    Quelle: Imago

    Die Razzia gegen Reichsbürger wegen Terrorverdachts erschüttert Deutschland und wirft viele Fragen auf. 25 Personen wurden am Mittwoch festgenommen - einer von ihnen ist der Ex-Bundeswehroberst Maximilian Eder. Eder hat die Elite-Bundeswehrgruppe KSK mitgegründet, ist seit einigen Jahren in Pension und trat zuletzt auf "Querdenken"-Veranstaltungen auf.
    Sein Wohnhaus im bayerischen Eppenschlag wurde am Mittwoch von der Polizei durchsucht - in Eders Abwesenheit. Er war in Italien und wurde dort dann festgenommen.

    Nachbarin: Eder rief aus Kroatien an

    Doch Eder warnte bereits Mitte vergangener Woche seine Nachbarin vor einer möglichen Razzia. Darüber hatte die "Passauer Neue Presse" berichtet. Die Nachbarin sagte nun zu ZDFheute:

    Er hat mich Mitte vergangener Woche aus Split in Kroatien angerufen. Er wollte mich vor einer Polizeidurchsuchung bei ihm warnen - vermutlich, damit ich mich nicht erschrecke, weil sie bei mir klingeln könnten.

    Nachbarin von Eder

    Die Nachbarin und Eder kennen sich seit 17 Jahren. Er sei hilfsbereit, sie hätten ein gutes Verhältnis gehabt, wenngleich sie mit seinen "kruden Thesen", wie sie sagt, "nicht einverstanden" sei. Von konkreten Umsturzplänen habe er ihr gegenüber nichts erwähnt. Aber:

    Über die Merkel-Regierung hat er mal gesagt, da müsse das KSK nach Berlin und dort aufräumen. Das hat mich entsetzt. Er meinte dann aber, das sei nur ein Scherz gewesen.

    Nachbarin von Eder

    Wie Eder von seiner Überwachung mitbekommen haben könnte

    Wie kann es sein, dass Eder offenbar vorab von der Razzia wusste? Eine Möglichkeit wäre, dass er über Kontakte in Sicherheitskreise gewarnt wurde - denn seine Gruppe hat sich speziell um Polizisten und Soldaten bemüht. Dafür gibt es derzeit jedoch keine Anhaltspunkte.
    Der Bundestagsabgeordnete und vormalige Kriminalbeamte Sebastian Fiedler (SPD) hat eine andere Erklärung:

    Bei Ermittlungen gegen Terrorverdächtige ist es üblich, dass die Beschuldigten engmaschig überwacht werden. Man versucht es zwar zu verhindern, es kann aber passieren, dass die Betroffenen davon etwas mitbekommen - etwa, weil ihnen ein Auto der Ermittler auffällt.

    Sebastian Fiedler, SPD-Innenpolitiker

    Das lasse sich nicht immer vollständig verhindern, so Fiedler, müsse die Ermittlungen aber nicht gefährden.
    Wenn Eder abgehört wurde, dann wussten die Behörden vermutlich auch von seinem Anruf bei seiner Nachbarin.

    "Eder denkt wie ein Soldat"

    Doch wie konnte sich die ehemalige Bundeswehr-Führungspersönlichkeit überhaupt so weit radikalisieren? Für seine Nachbarin wurde das besonders durch die Debatte zur Impfpflicht sichtbar, wie sie ZDFheute erzählt. Darüber habe er sich furchtbar aufgeregt, sei dann durch Deutschland gereist und habe auf Bühnen gesprochen. "Er wollte mich auch immer missionieren."
    Er sei sehr intelligent, sportlich und reise auch viel. Immer wieder seien auch internationale Gäste in seinem Haus in Eppenschlag gewesen, das seit einem Brand aber nur noch teilweise bewohnbar sei.
    Über seinen Einsatz im Kosovo hat er 2019 ein Buch geschrieben. "Dienen für den Frieden im Kosovo" heißt es. Die Nachbarin sagt:

    Er denkt weiterhin wie ein Soldat. Für mich ist er ein Mensch, der Probleme hat, sich im zivilen Leben zurechtzufinden.

    Nachbarin von Eder

    Auf Querdenker-Demos mit Bundeswehr-Barett

    Auf Querdenker-Demos trat Eder auch mal mit einem roten Barett auf, einer Kopfbedeckung der Bundeswehr. Der Bürgermeister von Eppenschlag, Peter Schmid, berichtet gegenüber ZDFheute, dass Eder auch bei einer Wahlkampfveranstaltung 2020 in Uniform gekommen sei - obwohl Eder da schon lange in Pension war.
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    Das zeichnet das Bild eines Mannes, der einer militärischen Vergangenheit verhaftet ist und seine Fähigkeiten für eine möglicherweise staatszersetzende Zukunft nutzen wollte. In der Verschwörergruppe soll Eder dem militärischen Arm angehört haben.
    ZDFspezial: Razzia in der Reichsbürger-Szene
    Es war einer der größten Polizeieinsätze gegen Extremisten in der Geschichte der Bundesrepublik: rund 3.000 Einsatzkräfte gegen eine mutmaßliche Terrorgruppe. 07.12.2022 | 12:43 min

    Bürgermeister wurde nicht vor Eder-Razzia gewarnt

    Anders als Berichte angedeutet haben, wurde Eppenschlags Bürgermeister Schmid aber nicht vor der Razzia gegen Reichsbürger gewarnt. Wie Schmid gegenüber ZDFheute klarstellt, bekam er am Montag von der Polizei zwar einen Anruf, dass es am Mittwoch eine Durchsuchung in Eppenschlag geben werde. Doch es seien kein Name, keine Adresse und kein Anlass genannt worden.

    Die Polizei hat mich aufgefordert, einen Ansprechpartner zu nennen, der bei der Durchsuchung dabei sein könnte. Daraufhin habe ich eine Person aus dem Gemeinderat benannt. Niemand von uns wusste aber vorab, worum es geht - oder bei wem.

    Peter Schmid, Bürgermeister von Eppenschlag

    Maximilian Eder wurde in Italien festgenommen, demnächst werde er aber nach Karlsruhe überstellt und dort einem Haftrichter vorgeführt, sagte eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft ZDFheute.

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