Polen will von Deutschland Reparationen wegen des Zweiten Weltkriegs. Historiker und Politologe Piotr Madajczyk schätzt ein, wie wahrscheinlich Zahlungen sind.
ZDFheute: Polen hält Reparationen von Deutschland für gerechtfertigt. Warum?
Prof. Piotr Madajczyk: Es ist schwierig, "Polen" zu sagen, weil die Meinungen zu diesem Thema auch in Polen geteilt sind. Auf der anderen Seite können wir beantworten, warum dieses Thema so stark zurückkehrt, weil es auch eine soziale Bedingung gibt - dass Polen zu den Ländern gehört, die während des Zweiten Weltkriegs und unter der deutschen und sowjetischen Besatzung große Verluste erlitten haben. Das ist auch eine Erinnerung wert. Und wir reden hier über hunderte Milliarden Euro Schaden.
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ZDFheute: Was sind die historischen und rechtlichen Argumente in dieser Diskussion?
Madajczyk: Diese Diskussion ist schwierig, weil es rechtliche Unsicherheiten bei den Nachkriegsverhandlungen gibt und man weiß, dass internationale Anwälte darüber jahrzehntelang streiten können.
Die wichtigste Ungewissheit: 1953 verzichtet Polen auf seinen Teil, von dem, was die UdSSR bekommt - wie von den Alliierten nach dem Krieg vereinbart. Polen ist bekannt dafür, dass es im Jahr 1953 nicht nur kein souveräner Staat ist, sondern auch - wenn eine Entscheidung aus Moskau kommt - nicht diskutiert wird.
ZDFheute: Welchen Rat würden Sie dann dazu geben?
Madajczyk: Was man den Deutschen zunächst vorschlagen könnte: Sich nicht hinter juristischen Formeln und Verfahren zu verstecken, sondern eine Geste zu machen, die die deutsch-polnischen Gespräche erleichtert.
Ein solcher Rat wurde kürzlich vom Bevollmächtigten der Bundesregierung für die Beziehungen zu Polen, Dietmar Nietan, gegeben. Und ganz neu war sein Vorschlag nicht. Es wurde überlegt, eine Stiftung zu gründen, die kriegserfahrenen, kranken und sich finanziell in schwierigen Situationen befindenden Menschen helfen soll.
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ZDFheute: Ist die polnische Regierung daran interessiert, dieses Problem zu lösen?
Madajczyk: Es ist seit Jahren zu sehen, dass im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen (in Polen) die deutsche Frage - gelinde gesagt - eine Rolle spielt, die auch politisch genutzt wird. Aber sicher ist eine antideutsche Stimmung, das Schaffen eines gewissen Bedrohungsgefühls, auch immer förderlich für die Mobilisierung der eigenen Wählerschaft.
- Berlin weist Reparationsforderungen zurück
Ein Gutachten beziffert die Schäden auf 1,3 Billionen Euro: Polen will Reparationsforderungen an Deutschland wegen des Überfalls im Zweiten Weltkrieg stellen. Berlin lehnt das ab.
ZDFheute: Auch durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990 sieht Deutschland das Thema der Reparationen als erledigt. Hat Deutschland Recht?
Madajczyk: Ich bin kein Anwalt. Und die alte Regel lautet: so viele Anwälte, so viele Interpretationen. Aber es scheint, dass in der vorherrschenden Ansicht der Zwei-plus-Vier-Vertrag - als es vorher keinen Friedensvertrag gab, weil er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht existierte - als Ende der Abrechnungen nach dem Zweiten Weltkrieg gesehen wird.
ZDFheute: Wer entscheidet über die mögliche Forderung? Wie verläuft die juristische Auseinandersetzung?
Madajczyk: Dies sind zwei Verfahren. Wenn wir über Reparationen sprechen, ist dies eine Angelegenheit, die zwischen den Regierungen zweier Länder geregelt wird. Und wie ich sagte, sehe ich nicht viele Möglichkeiten. Die Frage, die zurückkehrt, ist jedoch das Verfahren im Zusammenhang mit der Entschädigung von Einzelpersonen.
Ich denke, dass es solche Klagen geben wird. Zumindest als ein Test, um zu prüfen, wie die Reaktion ist und was daraus rechtlich folgt.
Um die Deutschen und ihre Erinnerungskultur geht es bei einer Podiumsdiskussion im NS-Dokumentationszentrum in München. Anlass ist die ZDF-Serie „Krieg und Holocaust – der deutsche Abgrund“.
ZDFheute: Warum sehen Sie in den nächsten 50 Jahren keine Chance für eine Vereinbarung über Reparationen zwischen Polen und Deutschland?
Madajczyk: Es gibt keine Einigung, weil es keine bedeutende politische Kraft in Deutschland gibt, die glauben würde, dass polnische Reparationen legitim sind. Es gibt auch keine nennenswerte internationale Unterstützung. Daher sind die polnischen Postulate einfach schwach - politisch wie rechtlich.
Das Interview führten Natalie Steger und Lukasz Walewski.
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