Grüne und FDP streiten über den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken. Im Parteitagsbeschluss vom Wochenende sieht Grünen-Chefin Lang bereits ein Entgegenkommen ihrer Partei.
"Der Atomausstieg kommt, aber wir sind in dieser besonderen Situation bereit, über unseren Schatten zu springen, um die Versorgungssicherheit zu sichern", so Ricarda Lang, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen.
Im Koalitionsstreit um die Atomenergie-Laufzeiten betrachten die Grünen ihre Position eines Weiterbetriebs zweier Kraftwerke bis April bereits als Kompromissangebot. "Wir haben ja was angeboten: das, was jetzt auf dem Tisch liegt, die sogenannte Einsatzreserve. Das ist ja nicht die ur-grüne Linie", sagte Parteichefin Ricarda Lang am Montag im ZDF Morgenmagazin.
Grüne gegen Kauf neuer Brennstäbe
Die vom Grünen-Parteitag gebilligte Linie der Parteiführung und grünen Minister sieht statt der gesetzlich verankerten Abschaltung zum Jahresende einen Streckbetrieb zweier süddeutscher Atomkraftwerke mit vorhandenen Brennstäben bis Mitte April vor. Die FDP verlangt aber, auch das dritte noch laufende AKW in Niedersachsen weiterlaufen zu lassen, und zwar alle drei bis 2024.
Lang entgegnete dem im ZDF:
Auch für den Fall, dass vorhandene Brennstäbe doch länger als aktuell vermutet genutzt werden könnten, sprach sich Lang gegen eine zusätzliche Verlängerung aus. "Nein, wir haben uns geeinigt: bis zum 15. April, also bis ins nächste Frühjahr."
Die Grünen geben sich beim Atomausstieg unnachgiebig: AKW-Streckbetrieb ja, aber keine Laufzeitverlängerung. Einer Einigung im Koalitionsstreit hilft das nicht.
Nach einem drittem gescheiterten Vermittlungsversuch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP), und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll noch bis zum Beginn der Bundestagssitzungen dieser Woche am Mittwoch eine Lösung gefunden werden. Lang sagte weiter, da es beim Strompreis aktuell bereits Probleme gebe, könne man den Bürgern nicht versprechen, dass es hier keine Erhöhung gebe. Mit einer Strompreisbremse könne man aber erreichen, "dass die Bürgerinnen und Bürger das stemmen können".
ZDF-Korrespondentin: Grünen geht es um ihren Markenkern
Angesichts dieser Positionen ist die Atomdebatte der Ampel-Parteien "verfahren", so ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Ines Trams im Morgenmagazin. Grüne wie FDP seien "sehr eingemauert in ihren Positionen".
Nach der Wahlschlappe von Niedersachsen wolle und müsse die FDP sich profilieren, so Trams. "Sie meint, der Kampf für Atomkraft gehört dazu." Umgekehrt habe der Grünen-Parteitag ihrem Verhandlungsführer, Wirtschaftsminister Robert Habeck, deutliche Fesseln angelegt. "Die Rufe nach einem Machtwort des Kanzlers werden lauter. Aber das hat es gestern nicht gegeben", berichtet Trams.
- Wo sind die Grünen geblieben?
Die Grünen haben sich grundlegend verändert, sind in der Realität als Regierungspartei angekommen: Geräuschlos räumen sie urgrüne Themen ab. Sind das noch Grüne?