Laut Wirtschaftsminister Habeck muss sich Deutschland schnell von russischen Energieimporten befreien. Zugleich seien "schwere wirtschaftliche Schäden" von Deutschland abzuwenden.
Die USA gehen voran und beziehen wegen des Kriegs in der Ukraine kein Öl mehr aus Russland. Soll Deutschland mitziehen? Ein breites Bündnis aus Experten und Aktivisten verlangt auch das Ende von Gas-, Öl- und Kohlelieferungen aus Russland in die Europäische Union. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärt im ZDF heute journal, warum eine solche Entscheidung in Deutschland nicht so leicht zu treffen ist.
Sehen Sie das oben das ganze heute-journal-Interview mit Robert Habeck oben im Video und im Folgenden in Auszügen:
Das sagt Robert Habeck...
... zur Forderung nach einem sofortigen Importstopp für Energie aus Russland
"Wir treffen im Moment Entscheidungen, die harte Konsequenzen haben" sagte Habeck und betonte, er sei immer gegen Nord Stream 2 gewesen. Natürlich wolle die Bundesregierung der Ukraine helfen.
"Und das wäre der Fall, wenn wir Öl, Kohle, Gas sofort nicht mehr ins Land lassen würden."
... zu möglichen schweren Schäden für Deutschland bei einem Energie-Importstopp
"Ich stehe in der Verantwortung für das ganze Land. Das ist meine Aufgabe im Moment", so Habeck. Aus der Corona-Pandemie habe man gelernt, dass der der Ausfall von nur einigen Vorprodukten zu Problemen in der ganzen Lieferkette führen könne. Das gelte auch für Vorprodukte, die aus Kohle, Erdgas oder Öl stammen.
"In Deutschland haben wir eine Besonderheit", die Länder etwa wie die USA oder Großbritannien nicht hätten, erklärt Habeck. "Wir sind durch Pipeline-Netze mit Russland verbunden. Ein Großteil der Ölimporte kommt über erdverbundene Pipelines in Ostdeutschland an, die Raffinerieprodukte gehen dann ins ganze Land." Das sei durch Schiffe nicht so leicht zu ersetzen.
Allerdings arbeite die Bundesregierung daran, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, das zu ändern - "mit einigem Erfolg", betont der Vizekanzler.
Die Energieabhängigkeit von Russland könne man in Wochen und Monaten ändern, nicht aber binnen Stunden. "Die Wochen und Monaten brauchen wir, brauche ich, um Entscheidungen zu verantworten, die nicht zu Hunderttausenden Arbeitslosen führen würden und Preissprüngen, die Menschen sich nicht leisten könnten."
... zu dem, was Deutschland bevorstehen könnte
Er bewundere alle Menschen, die bereit seien, Einschränkungen hinzunehmen, sagte Habeck. Es gehe bei den Entscheidungen, die zu treffen seien, nicht um Komforteinbußen im individuellen Bereich.
Wenn es zu einem wirtschaftlichen Einbruch von fünf Prozent käme, wäre das mehr als bei der Covid-Pandemie, so Habeck. "Ich bin mir sicher, dass das Geschehen, das wir dann zu bewältigen hätten, komplexer ist als die Covid-Pandemie." Er sei "emotional bei allen Menschen" - aber: "Mein Job ist im Moment nicht, emotional zu handeln, sondern abgewogen, informiert und so umsichtig, dass dieses Land diese schwere Zeit überstehen kann, um dann auch der Ukraine immer wieder helfen zu können."
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... zum Ausstieg aus den fossilen Energien
Was den Ausstieg aus fossilen Energien insgesamt angehe, sei die Ukraine-Krise ein Mahnruf und ein Beschleuniger. "Davor haben wir diese Transformation, diese Notwendigkeit unter Klimaschutzgesichtspunkten diskutiert, jetzt diskutieren wir sie auch endlich unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten."
Die Braunkohle stehe in der Debatte nicht im Mittelpunkt. Sie sei die klimaschädlichste Energieform, räumte Habeck ein. "Wir halten sie nur vor als Reservekapazität, wenn Kraftwerke herausgehen."
Die Bundesregierung versuche, den Ausbau der Erneuerbaren so schnell wie möglich voranzutreiben. "Und das ist die beste Form, uns nicht nur von russischen, sondern uns insgesamt am Ende von fossilen Energien unabhängig zu machen." Braunkohle sei nicht die Antwort. "Sie ist nur das, was wir im eigenen Land noch haben - und das wir schnell hinter uns lassen können, weil wir Besseres haben, nämlich Wind und Sonne."
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