Der bisherige politische Russland-Kurs ist gescheitert, warnt eine Gruppe hochrangiger ehemaliger Diplomaten und Generäle. Und macht konkrete Vorschläge für einen Neuanfang.
So warnen 26 Experten mit Blick auf Russland.
Die Unterzeichner des Aufrufs "Raus aus der Eskalationsspirale" erklären den bisherigen Umgang mit Russland als gescheitert: "Eine einseitig auf Konfrontation und Abschreckung setzende Politik ist nicht erfolgreich. Wirtschaftlicher Druck und die Verschärfung von Sanktionen haben - dies zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre - Russland nicht zur Umkehr bewegen können."
Sie fordern stattdessen eine "glaubwürdige Russlandpolitik der Nato und der EU, die nicht gutgläubig-naiv oder beschwichtigend, sondern interessengeleitet und konsequent ist. Jetzt ist nüchterne Realpolitik gefragt. (…) Die Nato sollte aktiv auf Russland zugehen und auf eine Deeskalation der Situation hinwirken."
Wie das funktionieren soll und wie bedroht sich Russland fühlt, erklärt Mitunterzeichner Gerhard Mangott im Interview.
ZDFheute: Sie kennen Russland und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion von innen: Fühlt sich Moskau durch die Erweiterung von Nato und EU tatsächlich bedroht oder ist das vorgeschoben?
Gerhard Mangott: Die Nato hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten von 16 auf 30 Mitglieder ausgeweitet und ist dabei an die russischen Westgrenzen vorgerückt. Das war möglich, weil sich Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in einer akuten Schwächephase befand und dem nichts entgegensetzen konnte.
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Die aktuelle Bedrohung durch die Nato ist für Russland noch kalkulierbar. Kluge Sicherheitspolitik muss aber auf die Zukunft abstellen. Russland hegt tiefes Misstrauen gegenüber den Absichten des westlichen Bündnisses. Die Eigensicht der Nato, eine ausschließlich defensive Allianz zu sein, teilt Russland nicht. Russland wäre durch eine fortgesetzte Erweiterung und die Schaffung von militärischer Infrastruktur für Offensivwaffen in den neuen Mitgliedsstaaten tatsächlich bedroht.
ZDFheute: Präsident Putin spricht von Diskriminierung der russisch-sprachigen Bevölkerung in der Ukraine. Was ist dran an diesen Vorwürfen?
Mangott: Seit der militärischen Aggression Russlands 2014 hat sich eine ukrainisch-nationalistische Identität in der Ukraine ausgebildet, die bisweilen wenig Verständnis und Spielraum für ethnische Minderheiten zulässt - im Mediensektor, im Bildungssektor, vor Behörden und Gerichten.
Auch ist die ukrainische Führung zuletzt massiv gegen die Interessen der russlandfreundlichen Partei "Oppositionsplattform - Für das Leben" vorgegangen.
ZDFheute: Sie haben gemeinsam mit ehemaligen Generälen und Diplomaten einen Appell gestartet. Was ist Ihr wichtigster Punkt?
Mangott: Nötig ist die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz nach dem Vorbild des KSZE-Prozesses, der 1975 zur Schlussakte von Helsinki führte. Ein Helsinki 2.0 soll an diese Entspannungspolitik von damals anschließen. Während dieser für mindestens zwei Jahre dauernden Konferenz soll es auf beiden Seiten keine Truppenbewegungen an den Grenzen geben.
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Wichtig ist, dass der starke Zeitdruck, den die Russen aufbauen, nicht akzeptiert wird. Die russische Führung will schnelle Zugeständnisse, um klarer über eine militärische Invasion in der Ukraine zu entscheiden. Diese müsste spätestens im Februar 2022 erfolgen, solange die Böden dort noch gefroren sind.
ZDFheute: Was wäre der nächste Schritt?
Mangott: Kurzfristig sollte es eine schmales, aber dafür vermutlich effizientes Verhandlungsformat geben. Ich denke an die Nato-Nuklearmächte USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich sowie Deutschland und Italien als sogenannte an der nuklearen Teilhabe mitwirkenden Nato-Mitglieder. In dieser Runde verhandeln sie mit Russland über das Bedrohungsgefühl und die Sicherheitsinteressen der Nato, Russlands und seiner Nachbarstaaten.
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Sicherheit muss unteilbar sein. Die Sicherheit der einen Seite darf nicht auf Kosten der anderen Seite gestärkt werden und umgekehrt.
ZDFheute: Was sichert uns langfristig den Frieden zwischen derEU, der Nato und Russland?
Mangott: Ein pragmatischer Interessenausgleich zwischen den drei Akteuren, ein Diskurs auf Augenhöhe und ohne Vorbedingungen. Der Diskurs muss nüchtern und sachlich bleiben und Emotionen ausblenden.
Dabei wollen wir eine pragmatische und realistische Russlandpolitik im Gegensatz zu einer alleinig wertebasierten Außenpolitik, wie sie die deutschen Grünen, allen voran Frau Baerbock, fordern.
Staaten haben Interessen und Konflikte zwischen Staaten erfordern einen Interessensausgleich - ansonsten führen sie zu waffenstarrender Abschreckung oder sogar zum Krieg.
Das Interview führte Eva Schmidt.
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