Wie reagiert Berlin auf Menschenrechtsvergehen Russlands? Weitere Sanktionen schließt Außenminister Maas im Bundestag nicht aus - einen Stopp der Gas-Pipeline Nord Stream 2 schon.
Bei einer aktuellen Stunde im Bundestag am Mittwoch schloss Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) weitere Sanktionen der EU gegen Russland in Reaktion auf die Inhaftierung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny nicht aus. An der umstrittenen Gas-Pipeline Nord Stream 2 will Maas aber festhalten. Die EU-Außenminister würden bei ihrem nächsten Treffen über die Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen beraten, sagte Maas am Mittwoch im Bundestag.
Maas: Russland soll im Europarat bleiben
Sanktionen dürften nicht indirekt deutsche Unternehmen schaden, so Maas.
Eine wirtschaftliche Isolierung Russlands würde das Land nur weiter in die Arme Chinas treiben, sagte der SPD-Politiker. "Und ich finde nicht, dass das die Strategie des Westens in dieser Auseinandersetzung sein soll." Er sei dagegen, alle Brücken nach Russland einzureißen. Dies sei "nicht nur falsch, sondern gefährlich", sagte Maas.
Ein Argument für den Verbleib Russlands im Europarat sei laut Maas, dass russischen Bürgern so der Weg offen bleibe, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen.
FDP und Grüne fordern Baustopp
Die aktuelle Stunde war auf Antrag der Grünen hin angesetzt worden. Dafür wurde auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aus den parallel laufenden Bund-Länder-Verhandlungen zur Corona-Pandemie in den Bundestag zitiert. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte insbesondere, dass Nord Stream 2 von der Bundesregierung als privates Wirtschaftsprojekt dargestellt werde.
FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff bezeichnete freundschaftliche Beziehungen nach Russland als "derzeit unmöglich".
"Russland hat den Pfad der Demokratie verlassen", sagte Lambsdorff und forderte einen Baustopp für Nord Stream 2. "Wir sind es den Demokraten schuldig, die bei minus 28 Grad auf die Straße gehen."
Teils heftig kritisiert wurde der Linken-Politiker Gregor Gysi, der in seiner Rede davon sprach, an Nawalny "wurde von wem auch immer" ein Mordversuch begangen.
Russland erhöht Bußgelder bei illegaler Demo-Teilnahme
Julia Nawalnaja, Ehefrau des russischen Oppositionspolitikers, ist einem Medienbericht zufolge nach Deutschland geflogen. Das meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch unter Berufung auf einen nicht näher genannten Informanten. Demnach befand sich Nawalnaja auf einem Flug nach Frankfurt. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte die Informationen nicht kommentieren.
Ebenfalls am Mittwoch verschärfte Russland seine Strafen für die Teilnahme an nicht genehmigten Protesten. Wer etwa künftig den Anweisungen von Angehörigen der russischen Sicherheitsorgane nicht Folge leistet, muss mit Strafen zwischen 10.000 und 200.000 Rubel (112 Euro bis 1.340 Euro) rechnen, hieß es in dem am Mittwoch verabschiedeten Gesetz. Das entspricht einer Vervierfachung der bisherigen Strafen. Neben den bisherigen Arreststrafen können demnach künftig auch 40 bis 120 Pflichtarbeitsstunden verhängt werden.