In Russland ist es bei Protesten für die Freilassung des Kremlkritikers Nawalny zu Tausenden Festnahmen gekommen. Kritik kommt unter anderem aus Washington.
Am zweiten Sonntag in Folge sind tausende Demonstranten dem Protestaufruf der Opposition zur Unterstützung Nawalnys gefolgt, landesweit – von Sibirien bis in den Westen Russlands. Polizei-Einsatzkräfte gingen hart gegen die Demonstranten vor.
Bei neuen Protesten für eine Freilassung des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny sind am Sonntag Menschenrechtlern zufolge mehr als 5.000 Menschen festgenommen worden. Allein in der Hauptstadt Moskau waren es mehr als 1.500. Es gab mehrere Verletzte.
Unter den Verhafteten in Moskau war nach Angaben von Nawalnys Team auch seine Frau Julia Nawalnaja, sie kam einige Stunden später wieder auf freien Fuß. Der Opposition zufolge gab es in rund 100 Städten Aktionen - landesweit von Wladiwostok im Fernen Osten Russlands über Sibirien bis Sankt Petersburg im Westen.
Korrespondentin Phoebe Gaa berichtet aus Moskau zu den Protesten und den harten Polizeieinsätzen in Russland: Ziel des Kremls sei, "die Protestbewegung im Keim zu ersticken", bevor diese für Putins Regierung gefährlich werden könne.
Polizei riegelt Moskauer Stadtzentrum ab
Die Moskauer Polizei riegelte das Zentrum der Millionenmetropole rund um den Kreml nahezu ab. Die Sicherheitskräfte in schwerer Montur hinderten Demonstranten und Passanten mit Absperrgittern daran, zu dem geplanten Versammlungsort nahe dem Sitz des Inlandsgeheimdienstes FSB zu gelangen.
Nawalnys Team rief deshalb kurzfristig zu neuen Versammlungsorten auf. Nach der Abriegelung des Stadtzentrums von Moskau sowie der Sperrung von U-Bahn-Stationen versammelten sich die Menschen an verschiedenen anderen Stellen der Hauptstadt. Sie riefen "Putin ist ein Dieb" und forderten "Freiheit". Während der nicht genehmigten Demonstrationen liefen sie unter anderem zu dem Gefängnis, in dem Nawalny in Haft sitzt. Autos hupten aus Solidarität mit den Demonstranten.
Washington verurteilt hartes Vorgehen Moskaus
Die US-Regierung kritisierte das harte Vorgehen der russischen Behörden gegen Unterstützer des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny scharf. US-Außenminister Antony Blinken teilte auf Twitter mit:
"Wir erneuern unseren Aufruf an Russland, diejenigen freizulassen, die wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind, einschließlich Alexej Nawalny."
Das russische Außenministerium warf den USA eine Einmischung in innere Angelegenheiten vor. Die US-Botschaft in Moskau hatte zuvor genaue Treffpunkte und Uhrzeiten von Demonstrationen aufgelistet.
Washington fördere nicht genehmigte Proteste und wolle so versuchen,
Russland "im Zaum zu halten", schrieb das Ministerium bei Facebook.
Nawalnys Team kritisiert Reaktion der Behörden
In Moskau mussten Geschäfte und Restaurants schließen. Nawalnys Team kritisierte das bei einer Live-Übertragung der Proteste als "völlig unverhältnismäßig" und erinnerte an den friedlichen Charakter der Aktionen. Die Polizei war mit einem großen Aufgebot vor Ort. Im Zentrum standen Dutzende Gefängnistransporter bereit.
Ein ähnliches Bild bot sich auch in anderen russischen Städten. In der sibirischen Stadt Novosibirsk kam es am Sonntag zu einer der größten Demonstrationen. Trotz eisiger Temperaturen von minus 20 Grad marschierten mehr als 5000 Menschen nach Berichten des unabhängigen Portals "Taiga" durch die Stadt und riefen: "Putin, Dieb!"
Videos zeigten, wie Demonstranten in Wladiwostok auf der zugefroren Amurbucht tanzen und "Putin ist ein Dieb" und "Freiheit für Russland" riefen.
- Moskau sperrt Metro vor Nawalny-Protesten
Am Sonntag wollen in ganz Russland wieder Anhänger des Regierungskritikers Alexej Nawalny für dessen Freilassung demonstrieren. Die Moskauer Polizei bereitet sich vor.
Proteste richten sich gegen Verhaftung Nawalnys vor zwei Wochen
Bereits am Samstag vergangener Woche waren Hunderttausende Menschen in mehr als 100 Städten für Nawalny und gegen Präsident Wladimir Putin auf die Straße gegangen. Bei den Demonstrationen vor einer Woche kamen rund 4.000 Menschen in Polizeigewahrsam. Viele kamen danach wieder frei. Einige müssen nun Geldstrafen zahlen oder in Haft.
Der Oppositionelle war vor zwei Wochen direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland verhaftet worden, wo er sich fünf Monate lang von einem Giftanschlag erholt hatte. Der 44-Jährige macht Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für das Verbrechen verantwortlich. Putin und der FSB weisen das zurück.