Das Saarland hat gewählt. Vieles kam wie vorhergesagt. Doch was bedeutet das Ergebnis für künftige Wahlen, die Politik im Land und auf Bundesebene? Eine Analyse.
ZDFheute: Die CDU hat die Wahl im Saarland deutlich verloren. Ist es eine persönliche Wahlniederlage des Ministerpräsidenten Tobias Hans, die seiner Partei oder ist der Wahlausgang vor allem auf die Stärke der SPD und ihrer Spitzenkandidatin Anke Rehlinger zurückzuführen?
Thorsten Winkelmann: Das Wahlergebnis ist in erster Linie ein Resultat insbesondere der Schwäche von Tobias Hans. Der Ministerpräsident hat im Wahlkampf eine sehr schwache Figur abgegeben. Er hatte thematisch wenig bis nichts im Angebot, außer Allgemeinplätze.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Landtagswahl im Saarland eher wie eine Kommunalwahl in einer größeren Stadt anmutet.
Tobias Hans konnte in dieser Hinsicht ebenfalls nicht punkten. Ihm fehlte die Ausstrahlung.
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Winkelmann: Ganz klar Letzteres. Im Bundesland mit dem geringsten Haushaltseinkommen aller westdeutschen Länder und einer sehr schwachen Wirtschaft war das mit Abstand beherrschende Thema die Sicherung von Arbeitsplätzen.
Man muss festhalten, dass hier die Wirtschaftsministerin und wohl künftige Ministerpräsidentin Anke Rehlinger eine deutlich glaubwürdigere Figur abgegeben hat als Tobias Hans.
ZDFheute: Die Wahl im Saarland gilt als erster großer Stimmungstest für die Ampel-Koalition in Berlin. Welche bundespolitische Relevanz hat der Wahlausgang?
Winkelmann: Das sollte man nicht überbewerten. Eine Landtagswahl bleibt eine Wahl, bei der in erster Linie über landespolitische Themen abgestimmt wird. Zumal das Saarland viel zu klein ist, um aus dem Wahlergebnis eine bundespolitische Bedeutung ableiten zu können.
Anders sieht es aber natürlich aus, wenn im Mai im bevölkerungsreichsten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, die Menschen zur Wahlurne gehen.
ZDFheute: Die Wahl wurde zudem als erster Härtetest für den neuen CDU-Chef Friedrich Merz hochstilisiert. Was bedeutet der Wahlausgang für ihn?
Winkelmann: Nachdem Tobias Hans nicht seinem Team zuzurechnen ist und er ein Mann aus dem Merkel-Lager ist, hat der Wahlausgang in meinen Augen keine Auswirkungen auf seine Position.
Darin zeigt sich einmal mehr, dass die CDU versucht, sich klar von Angela Merkel und ihrer Programmatik abzugrenzen.
ZDFheute: Nach der Wahl ist vor der Wahl: Welche Lehren lässt der Wahlabend mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu?
Winkelmann: Die erste Lehre ist ganz klar: Streit zahlt sich nicht aus. Wir haben das bei der Linkspartei und bei der AfD erlebt, die beide in den vergangenen Monaten intern mit ganz erheblichen Verwerfungen zu kämpfen hatten. Die Wählenden sind von solch öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten angewidert.
Die zweite Lehre ist: Totgesagte leben länger.
Die kleineren Parteien sind bis auf die AfD aller Voraussicht nach alle an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Das zeigt uns: Mit den Volksparteien ist zu rechnen.
Das Interview führte Michael Kniess.