Gewinnen ist offenbar eine Bürde. Sektkorken fliegen bei der CDU heute nicht. Der Wahlkampf ist lang, sagt Parteichef Laschet. Ansprüche bleiben. Und der Krach mit der SPD auch.
Er macht ein Gesicht, als ob er eine schwere Niederlage hinter sich hat, die er nun erklären muss. Dabei ist es genau umgekehrt. Der Wahlsieg der CDU in Sachsen-Anhalt hat Kanzlerkandidat und Parteichef Armin Laschet Luft verschafft.
Gegen seine innerparteilichen Kritiker, gegen die CSU, gegen die gestutzten Grünen. "Ein guter Tag für die CDU", sagt er so beiläufig, als ob er es selbst noch nicht ganz glauben kann.
Haseloff gibt Ratschläge für die Bundestagswahl
Reiner Haseloff, der Wahlgewinner aus Magdeburg, muss sich an diesem Mittag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus zunächst allein freuen. Blumen, wie es früher oft bei Pressekonferenzen nach Wahlen üblich war, oder Applaus der Mitarbeitenden in der Parteizentrale gibt es nicht. Seine "große Freude", sagt Haseloff ruhig und sachlich wie immer, könne man seinem Gesicht an diesem Montag leider nicht entnehmen. Er habe nur drei Stunden geschlafen.
Grund zur Freude hat er natürlich. Haseloff hat bei den Landtagswahlen für die CDU den höchsten Zuwachs seit Laschet in Nordrhein-Westfalen 2017 errungen. Er hat jetzt prozentual nach Bayern die höchste Zustimmung für seine Partei. Der Abstand zur AfD ist beträchtlich, drei Viertel der Zugewinne seien laut Haseloff von Nichtwählern und den Linken gekommen. Alles Pfunde, mit denen er für den kommenden Bundestagswahlkampf seiner Partei Ratschläge erteilen kann. Und Ansprüche erheben darf.
Geschlossenheit ist das neue Mantra der Union
Zum einen: Geschlossenheit ist das neue Mantra der Union. In Sachsen-Anhalt, sagt Haselhoff, hätten CDU und CSU zusammengestanden. Laschet habe dort genau so Wahlkampf gemacht wie Markus Söder oder Friedrich Merz. Und das nach den langen Personalquerelen. Ein Erfolg im Herbst sei erreichbar, "wenn wir geschlossen marschieren", so Haseloff. Später schiebt er noch hinterher:
Sachsen-Anhalt sei zum anderen wie eine "Plattform gewesen". Das heißt für ihn auch: klare Kante gegen die AfD. "Sie müssen raus aus allen Parlamenten." Das, sagte er, sei eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Nicht nur eine für den Osten. Irgendwann einmal müsse man sich darüber unterhalten, "was ist in Deutschland schiefgelaufen". Heute sei dafür nicht der Tag.
Haseloff nutzt die gute Stimmung lieber, Laschet vorzuwarnen, dass er gleich nach der Pressekonferenz mit seinem Kollegen in Sachsen Michael Kretschmer verabredet ist. Vier, fünf Punkte für den Osten hätten sie, die unbedingt ins Wahlprogramm der CDU müssten. Da muss Laschet schmunzeln. "Dein Nicken zeigt, dass du sie im Herzen bewegen wirst", sagt Haseloff. Da muss Laschet dann doch noch lachen.
Masken-Streit: SPD legt gegen Spahn nach
Was ihm beim Thema Koalition allerdings schnell wieder vergeht. Die SPD hält an ihrer harschen Kritik an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fest. Dieser habe "ganz eindeutig", sagte SPD-Parteichefin Saskia Esken am Mittag, qualitativ schlechte FFP2-Masken an Obdachlose oder Hart-IV-Empfänger verteilen wollen. "Wir wüssten, was zu tun ist", sagte Esken in Richtung Laschet – und spielt auf den Rücktritt von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey an.
Spahn hatte die Vorwürfe dementiert, im Streit mit dem Bundesarbeitsministerium steht Aussage gegen Aussage. Für die SPD nur ein Ärgernis mit dem Koalitionspartner unter vielen. Bei der Verbesserung von Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen etwa komme man mit der Union "nicht weiter", sagte Parteichef Norbert Walter-Borjans. Man werde, so Esken, "gegen den Widerstände des Koalitionspartners anarbeiten".
- Ein Minister wird zur Krise
Impfstoffe, Masken, Tests und wieder Masken - es ruckelt nicht nur, wie Jens Spahn oft sagt, es rummst. Koalitionspartner und Opposition sagen: "Es reicht!"
Laschet: Koalition sollte anders arbeiten
"Nicht akzeptabel" findet Laschet das Dauerfeuer der SPD. "Ich werde in diesen Ton nicht einsteigen", sagt er. Und tut es dann doch.
Das habe mit dem, "wie eine Koalition arbeiten sollte, nichts mehr zu tun". Wenn man nur noch acht Prozent wie gestern in Sachsen-Anhalt bekomme, "dann würde ich mich doch mal fragen", ob dieses "Negativ-Campaigning" so erfolgreich sei. Ob ein Koalitionsausschuss die Unstimmigkeiten zwischen Union und SPD ausräumen könnte?
"Hauptherausforderer" sind für Union die Grünen
Der Hauptgegner für die CDU, sagt Laschet, sei aber nicht die SPD, nicht ihr Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Auch nicht wie für Haseloff die AfD. "Hauptherausforderer sind die Grünen", sagt Laschet. Um nicht Annalena Baerbock sagen zu müssen und vielleicht auch zu übertünchen, dass er als Person gar nicht herausgefordert ist, sondern auch zum ersten mal ins Kanzleramt rein will.
"Der Bundestagswahlkampf ist lang", sagt Laschet. Und schaut wieder sehr ernst.