Innenminister Seehofer hat entsetzt auf den Fackel-Aufmarsch vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin reagiert. Auch Dresdner Regierung und SPD-Spitze sind empört.
Gegner der Corona-Politik haben am Freitagabend vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) protestiert. Das teilte eine Sprecherin der Polizei an diesem Samstagmorgen mit. Ihren Angaben zufolge versammelten sich etwa 30 Menschen vor dem Haus in Grimma. Videos auf Twitter zeigen Menschen, die laut rufend mit Fackeln, Trommeln und Plakaten vor Köppings Haus stehen.
Als die Polizei eintraf, seien die Menschen in mehreren Fahrzeugen geflüchtet. Die Identitäten von 25 Menschen wurden festgestellt. Die Polizei erstattete Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und prüft Verstöße gegen die Corona-Verordnung.
In Sachsen sind die Inzidenzen zu hoch, die Impfquote zu niedrig. Impfgegner versuchen aktiv Impfungen zu verhindern, indem sie Impfzentren, Kliniken und Praxen attackieren.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verurteilte die Proteste scharf. "Was wir da in der Nähe von Grimma gesehen haben, ist kein legitimer Protest", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag".
Er sei sich sicher, dass die sächsischen Behörden das Geschehen nach diesem Maßstab bewerteten und angemessen Konsequenzen zögen.
Sachsens Innenminister will Fackel-Aufmarsch schnell ahnden
Das forderte auch Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU); er will ein "klares und schnelles Signal des Rechtsstaats". "Es kommt jetzt auch darauf an, dass wir mit der Staatsanwaltschaft eine Verfahrensweise finden, um begangene Verstöße schnell zu ahnden", sagte er. Ihm fehle jedes Verständnis, wenn Amts- und Verantwortungsträger und deren Familien in ihrem privaten Raum bedroht würden.
Diese Grenzüberschreitung sei auch der Versuch, die freiheitliche Demokratie zu delegitimieren. Es brauche in der Gesellschaft mehr Zivilcourage. "Gerade in einer solchen Krise brauchen wir gemeinsame Werte und Zusammenhalt."
SPD verurteilt Corona-Protest vor Köppings Wohnhaus
Die SPD Sachsen sowie die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verurteilten den Protest vor Köppings Haus:
Wie Eskens twitterte auch Walter-Borjans am Morgen:
Köpping nennt Vorfall "widerwärtig und unanständig"
Köpping selbst verurteilte den Protest vor ihrem Haus als "widerwärtig und unanständig". Sie wisse, dass das keine Proteste seien, sondern organisierte Einschüchterungsversuche von Rechtsextremisten und Verschwörungsgläubigen, die leider viel zu oft vorkämen - vor Arztpraxen, an Impfzentren und Krankenhäusern, gegenüber Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und anderen engagierten Menschen, sagte sie.
Kritik kam auch von der AfD und ihrem aus Sachsen stammenden Vorsitzenden Tino Chrupalla:
Am Freitagabend hatte es in mehreren sächsischen Orten Proteste gegen den Corona-Kurs gegeben. Die Polizei in Dresden bereitet sich jetzt auf einen Großeinsatz vor. Am Montag wird vor dem Landtag eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen erwartet.
[Lesen Sie im Interview mit der Sozialpsychologin Pia Lamberty, warum eine ein Nichteingreifen der Polizei der Querdenker-Szene Aufwind gibt.]