In den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten sind die Scheinreferenden über einen Russland-Beitritt abgeschlossen. Laut der Separatisten hat die Mehrheit dafür gestimmt.
Russland präsentiert eine hohe Zustimmung bei den "Abstimmungen" in den besetzten ukrainischen Gebieten. An der Frontlinie fürchten sich Menschen vor der weiteren Entwicklung.
Nach dem Abschluss von Scheinreferenden in mehreren ukrainischen Gebieten haben die russischen Besatzer eine angeblich überwältigende Zustimmung der dortigen Bevölkerung zu einer Angliederung an Russland präsentiert. Nach Auszählung aller Stimmen erklärten die Besatzungsverwaltungen folgende Ergebnisse:
- In Luhansk in der Ostukraine hätten mehr als 98 Prozent zugestimmt,
- in Saporischschja im Süden mehr als 93 Prozent
- und im ebenfalls südlichen Cherson mehr als 87 Prozent der Wähler.
- In Donezk war die Auswertung der völkerrechtswidrigen Abstimmung noch nicht abgeschlossen, der Zustimmungswert wurde vorläufigen Angaben zufolge aber bereits mit knapp 95 Prozent angegeben.
Viele Beoachter gehen davon aus, dass Russlands Präsident Putin bereits am Freitag die Annexion der Referenden-Gebiete verkünden könnte, so Moskau-Korrespondent Christian Semm.
Beispiellose Annexionswelle erwartet
Damit dürfte in den kommenden Tagen eine beispiellose Annexionswelle beginnen. In einem nächsten Schritt wird erwartet, dass die von Moskau eingesetzten Besatzungsverwaltungen offiziell bei Kremlchef Wladimir Putin die Aufnahme in russisches Staatsgebiet beantragen. Der Separatistenführer in der Region Luhansk, Leonid Pasetschnik teilte bereits in den sozialen Medien mit, er wolle nach Russland reisen und Präsident Putin bitten, eine Angliederung von Luhansk an Russland zu prüfen.
Putin hatte vor Beginn der Scheinreferenden betont, dass die Gebiete danach komplett unter dem Schutz der Atommacht Russland stünden.
Nach den Scheinreferenden über einen Anschluss an Russland in der Ukraine könnte die Annexion bereits Ende der Woche verkündet werden. ZDF-Korrespondent Christian Semm berichtet.
UN: Russische Scheinreferenden nicht mit Völkerrecht vereinbar
Die Vereinten Nationen sprachen den Scheinreferenden erneut die Legitimität ab, wie die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats sagte:
Diese einseitigen russischen Handlungen seien nicht mit dem Völkerrecht vereinbar und verfolgten das Ziel, "der gewaltsamen Aneignung des Territoriums eines anderen Staates durch einen Staat einen Schein der Legitimität zu verleihen", sagte sie dem mächtigsten UN-Gremium in New York.
Die Scheinreferenden werden weltweit nicht anerkannt, weil sie unter Verletzung ukrainischer und internationaler Gesetze und ohne demokratische Mindeststandards abgehalten wurden. Beobachter hatten in den vergangenen Tagen auf zahlreiche Fälle hingewiesen, in denen die ukrainischen Bewohner der besetzten Gebiete zum Urnengang gezwungen wurden.
Bei ZDFheute live spricht der Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, über die militärische Lage und Zukunft seiner Region.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte die internationale Gemeinschaft zum entschlossenen Vorgehen gegen die möglicherweise bevorstehende Einverleibung von Teilen seines Landes durch Russland auf. Mit Blick auf Putin sagte er in einer Video-Ansprache vor dem UN-Sicherheitsrat, jede illegale Annektierung sei ein Verbrechen gegen alle Staaten.
Sein Außenminister Dmytro Kuleba sagte, Kiew werde sich von den sogenannten Referenden nicht beeinflussen lassen. Diese würden "keinen Einfluss auf die Politik, Diplomatie und das Handeln der Ukraine auf dem Schlachtfeld haben".
Nato und USA wollen Referenden nicht anerkennen
Die USA hatten klargestellt, dass sie einen Anschluss der Gebiete an Russland niemals anerkennen werden. "Wir und viele andere Länder haben es schon unmissverständlich klargestellt", sagte US-Außenminister Antony Blinken vor Journalisten.
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisierte die Scheinreferenden. "Die von Russland abgehaltenen Scheinreferenden haben keine Legitimität und sind ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht", schrieb er auf Twitter.
Mit den sogenannten Referenden drohen sich die Staatsgrenzen der Ukraine zu verschieben. Wie reagieren die Menschen auf diese Aussicht? ZDF-Reporter Torge Bode hat sich umgehört.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.