Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie galten schon lange als fragwürdig. Corona-Fälle in mehreren Schlachthöfen veranlassten die Politik nun zum Handeln.
Als Reaktion auf massenhafte Corona-Fälle in Schlachthöfen hat der Bundestag strengere Vorschriften für die Fleischindustrie beschlossen. Um Ausbeutung und riskante Arbeitsbedingungen zu verhindern, ist ab dem kommenden Jahr der Einsatz von Subunternehmen mit osteuropäischen Billiglohn-Arbeitern verboten.
"Wir beenden organisierte Verantwortungslosigkeit, die sich über Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche breitgemacht hat", erklärte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Das Gesetz sieht allerdings weitreichende Ausnahmen für mittelständische Wurst- und Fleischwarenhersteller vor, um Auftragsspitzen - etwa in der Grillsaison - durch Leiharbeiter aufzufangen.
Wirtschaftsverbände drängten auf Ausnahmen
Wenn das Gesetz am Freitag auch den Bundesrat passiert, gilt ab dem 1. Januar ein Verbot von Werkverträgen in der Branche. Anders als bisher sollen dann keine Subunternehmen mehr in Schlachtereien tätig sein dürfen, die über weitere Subunternehmer schlecht bezahlte Arbeitskräfte aus Osteuropa zu oft miserablen Arbeits- und Wohnbedingungen anheuern.
In der Vergangenheit soll es Fälle gegeben haben, wo die Arbeiter in einem einzigen Schlachthof bei bis zu 30 unterschiedlichen Werkvertragsunternehmen angestellt waren.
Damit die Fleischbranche nicht auf Leiharbeit ausweicht, wird diese ab dem 1. April ebenfalls verboten. Es gibt allerdings Ausnahmen, auf die die Wirtschaftsverbände gedrängt hatten und die zwischen Union und SPD mühsam ausgehandelt wurden.
So sieht eine auf drei Jahre befristete Sonderregelung die Möglichkeit vor, Auftragsspitzen auf Basis eines Tarifvertrags durch Leiharbeiter aufzufangen - unter strengen Auflagen und nur in der Fleischverarbeitung, nicht beim Schlachten und Zerlegen.
Elektronische Aufzeichnung der Arbeitszeit
Neben der Großen Koalition stimmten auch Linke und Grüne für das Gesetz, weil sie im Verbot von Werk- und Leihverträgen einen Schritt in die richtige Richtung sehen. Gleichzeitig warfen sie CDU und CSU ein Einknicken vor der Fleischindustrie vor und kritisierten die Neuregelung als nicht ausreichend.
AfD und FDP gehen die Regelungen hingegen schon zu weit. Sie befürchten das Aus für viele mittelständische Betriebe und stimmten deshalb gegen das Gesetz.
Vorgesehen sind darin auch einheitliche Kontrollstandards und höhere Bußgelder. So wird die elektronische Aufzeichnung der Arbeitszeit in der Fleischindustrie zur Pflicht. Bei Verstößen - etwa gegen die Höchstarbeitszeit - drohen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro. Für die Unterbringung von Personal in Gemeinschaftsunterkünften werden zudem klare Schutzstandards festgeschrieben.