Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein kündigt sich kein Regierungswechsel an. Ministerpräsident Günther liegt in Umfragen vorne. Welche Strategien verfolgen die Parteien?
Bei der letzten Sitzung vor der Landtagswahl ist im Plenarsaal im Landeshaus in Kiel ein Stuhl leer. Ministerpräsident Daniel Günther hat wegen einer Corona-Infektion seit Montag alle Termine absagen müssen. Sein Sprecher geht davon aus, dass er ab nächster Woche im Wahlkampfendspurt aber wieder alle Termine wahrnehmen kann.
Auch wenn der Spitzenkandidat gerade ausfällt, die Stimmung in der Nord-CDU ist bestens - kein Vergleich zu den Wochen vor der Bundestagswahl im vergangenen Herbst. Denn eine Woche vor der Landtagswahl zeichnet sich ein klarer Sieg für die CDU im Norden ab. Die Union kann - so das aktuelle ZDF-Politbarometer - mit deutlichen Stimmenzuwächsen rechnen und wäre mit 38 Prozent doppelt so stark wie die SPD.
Ministerpräsident Günther hat gute Beliebtheitswerte
Die Stärke der Union liegt eindeutig an der Popularität von Daniel Günther. Der Eckernförder ist extrem beliebt und bekannt im Land, an den Wahlständen nimmt er sich viel Zeit für Gespräche. Günthers zurückhaltende, aber offene Art kommt an im Norden. Auch seine Arbeit als Corona-Krisenmanager in der Jamaika-Koalition in den vergangenen beiden Jahren wird durchweg positiv bewertet.
Stichwort Jamaika: diese Koalition findet eine Mehrheit im Lande richtig gut, eine Wechselstimmung ist auch nicht spürbar. Doch nach den aktuellen Umfragen könnte Günther nach der Wahl auch mit Zweierbündnissen weiterregieren, mit den Grünen oder der SPD. Letzteres aber gilt in Kiel als unrealistisch. Eine Ampel hätte derzeit auch keine Mehrheit.
FDP pocht auf erfolgreiche Tourismuspolitik
Die FDP und ihr Spitzenkandidat, Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, schwächeln derzeit in den Umfragen, geben sich aber gleichzeitig kämpferisch und realistisch. Buchholz setzt im Endspurt auf die Erfolge seiner Arbeit als Wirtschafts- und Tourismusminister. Der Norden boomt als Urlaubsland und auch in Sachen Verkehrsinfrastruktur gehe es voran, vor allem bei der Bahn.
Buchholz verweist auch auf seinen FDP-Kollegen Heiner Garg, der als Gesundheitsminister einen von vielen anerkannt guten Job in Sachen Corona gemacht habe. Schleswig-Holstein galt wegen niedriger Inzidenzen lange als Vorzeigeland.
Grüne wollen Politik neu ausrichten - Windenergie schneller ausbauen
Die CDU-Wahlkampagne selbst ist komplett auf ihren Spitzenkandidaten zugeschnitten. Bei einem Termin vor seiner Corona-Infektion antwortet Günther auf die Frage zu seinen Popularitätswerten, dass die Menschen im Land eben wüssten, was sie bekommen, wenn sie ihn wählen. Dazu passt sein Motto: Kurs halten. Veränderung ja, aber behutsames Vorgehen bei den wichtigen Themen Umwelt, Energie, Wirtschaft oder auch Schule.
Kurs halten, bitte nicht, sagt dagegen die Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold, erfolgreiche Finanzministerin in Schleswig-Holstein. CDU und FDP hätten beim Klima lange blockiert, kritisiert sie die Jamaika-Partner. Die Quittung bekomme man jetzt, Energieabhängigkeit von Russland - das hätte man durch schnelleren Ausbau etwa der Windenergie vermeiden können. Und so gebe es Fortschritt und Sicherheit aus ihrer Sicht nur mit den Grünen.
SPD-Spitzenkandidat wäre gerne bekannter im Land
Solch schärfere Töne sind in diesem Wahlkampf bislang selten. Das sei vor allem wegen des Krieges in der Ukraine, der immer das erste Thema an den Wahlständen ist, so SPD Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller. Losse-Müller hat eine schwierige Aufgabe. Lange war er Mitglied der Grünen, seit kurzem Genosse und nun schon Spitzenkandidat der SPD. Seine Kandidatur war eine echte Überraschung.
Mit sozialen Themen will er punkten, bezahlbares Wohnen, kostenlose Kita - doch sein größtes Manko: er ist nicht bekannt im Land. Und so sind nicht nur seine persönlichen Werte schwach, sondern auch die seiner Partei. 19 Prozent nur, trotz des Einsatzes von Spitzenleuten der SPD aus Berlin. Am Freitag kommt auch noch mal der Kanzler nach Kiel.
Gut eine Woche vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein liegen die CDU und Ministerpräsident Daniel Günther klar in Führung. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer Extra.
Minderheitenpartei SSW könnte Mehrheitsbeschaffer werden
Die beiden kleinen Parteien geben sich gelassen, vor allem der SSW, der südschleswigsche Wählerverband, die Vertretung der dänischen Minderheit, die von der 5-Protenthürde ausgenommen ist. Sozial und links das Programm, ganz nach skandinavischem Vorbild. Der SSW könnte - je nach Wahlausgang - Mehrheitsbeschaffer werden. Wieder mitregieren ist für Spitzenkandidat Lars Harms durchaus vorstellbar.
Für die AfD könnte es noch knapp werden. Sie liegt bei sechs Prozent im Politbarometer. Nach einigen Zerwürfnissen in der Partei tritt Jörg Nobis noch einmal als Spitzenkandidat an. Nobis gilt als gemäßigt, eine Zusammenarbeit mit ihm haben die anderen Parteien aber komplett ausgeschlossen. Trotz des großen Vorsprungs der Union und von Daniel Günther - es wird wieder spannend an der Förde. Denn traditionell gilt der Kieler Landtag als Versuchslabor für neue Koalitionen. Mal sehen, was nach dem 8. Mai möglich ist.
- Wahl-O-Mat: Wer vertritt meine Position?
Am 8. Mai ist Muttertag - aber auch Wahltag in Schleswig-Holstein. Im Wahl-O-Mat können sich Wähler bereits jetzt informieren, welche Parteien ihren Interessen am nächsten kommen.