Sie sind hier:

Ostbeauftragter zu Lichtenhagen : Schneider: "Kann jederzeit wieder passieren"

Datum:

Vor dreißig Jahren machte ein Mob aus Neonazis und Nachbarn in Rostock-Lichtenhagen Jagd auf Vietnamesen und Roma. Der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) blickt zurück.

ZDF: Sie sind aus Ostdeutschland, aus Thüringen und Sie waren 16 Jahre alt, als es in Rostock-Lichtenhagen zu den Ausschreitungen kam. Was hat das mit Ihnen gemacht?

Carsten Schneider: Rostock-Lichtenhagen ist ein Neubaugebiet in einer Stadt, die vergleichbar ist mit Erfurt von der Größe. Und auch ich habe damals in einer Neubauwohnung gesessen und habe diese Bilder gesehen, die furchtbaren Bilder vor dem Sonnenblumenhaus, wo Geflüchtete, vor allen Dingen Vietnamesinnen und Vietnamesen, nicht nur bedroht wurden, sondern angegriffen wurden.

Das hat mir erstens Angst gemacht. Es hat mich aber auch wütend gemacht.
Carsten Schneider

Auch, dass die Polizei nicht eingegriffen hat, dass dort so ein Mob randalieren konnte und viele Leute von nebenan dastanden, den Hitlergruß gezeigt haben und applaudiert haben.

Das war nicht mein Deutschland, das war auch nicht mein Ostdeutschland.
Carsten Schneider

Und deswegen habe ich hier für mich entschieden, ich muss politischer werden. Ich kann das nicht einfach selbst so hinnehmen, so als wäre nichts gewesen. Und daraus ist mein politisches Engagement letztendlich entstanden.

ZDF: Aber wie Sie das damals wahrgenommen haben als junger Mann, das haben ja viele so gesehen. Ostdeutschland als Brutstätte der Neonazis, war das so?

Schneider: Also erstens war das nicht nur in Ostdeutschland, sondern die Anschläge waren ja bundesweit. In Mölln und in Solingen mit Toten, die zum Glück in Rostock ausgeblieben sind.

Die Rechtsextremisten haben sich sehr gezielt Ostdeutschland ausgesucht, weil dort einfach die Bevölkerung verunsichert war und das auf einen Nährboden fallen konnte.
Carsten Schneider

Und es waren, so wie ich es selbst bei uns erlebt habe, auch viele westdeutsche Kader, die gezielt rübergegangen sind, zu uns gekommen sind und versucht haben, die Gesellschaft zu destabilisieren. Und die gerade viele jungen Männer versucht haben, für sich zu gewinnen.

Carsten Schneider im Porträt.

Beitragslänge:
3 min
Datum:

ZDF: Also nicht nur ein ostdeutsches Phänomen in der Zeit. Sie werden jetzt den Bundespräsidenten nach Lichtenhagen begleiten. Was wird denn Ihre Botschaft an die Rostocker?

Schneider: Also erstens finde ich es wirklich bemerkenswert, wie die Stadt Rostock mit diesem Teil ihres Erbes umgeht. Dass sie sich dem stellt, dass die Zivilgesellschaft, die es damals auch schon gab, Leute, die sich vor die Geflüchteten gestellt haben, dass die heute noch da sind.

Dr. Gudrun Heinrich, Leiterin Politische Bildung der Uni Rostock, im Gespräch

Beitragslänge:
6 min
Datum:

Dass sie diese Stadt weltoffen und bunt gemacht haben. Das ist der erste Punkt, eine symbolische Anerkennung, aber auch immer wieder zu sagen, so was kann jederzeit wieder, wahrscheinlich auch in jeder anderen Stadt, passieren.

Und aus diesem Grunde heißt es, immer achtsam zu sein. Und die Minderheiten, aber auch die Demokratie, zu verteidigen.
Carsten Schneider

Aber immer auch auf diese Leute zu hören, damit solche Lagen nicht so eskalieren. Und der Staat nicht versagt, so wie er in Rostock Lichtenhagen damals versagt hat, auch die Polizei.

ZDF: Wozu gibt es denn eigentlich immer noch einen Ostbeauftragten? Es gibt ja auch keinen Westbeauftragten.

Schneider: Naja, das hat weniger mit Rostock-Lichtenhagen zu tun, sondern mehr mit der Frage des wirtschaftlichen Aufholprozesses und der Vertretung der Interessen Ostdeutschlands innerhalb der Bundesregierung.

Damit wir, da ist Rostock ein gutes Beispiel, weil es eine der Zukunftsregionen sein wird, das voranbringen. Aber es gehören eben auch solche Tage dazu, wie dieser 30. Jahrestag von Lichtenhagen. Sich dem zu stellen und sich auch bei den Opfern damals zu entschuldigen.

Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.