Scholz' China-Visite: Das sind die Konfliktthemen

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    Kanzler Scholz reist nach Peking:China-Visite: Das sind die Konfliktthemen

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    Diplomatischer Drahtseilakt: Der Kurztrip von Kanzler Scholz nach China steht in der Kritik. Scholz selbst kündigt indes einen Kurswechsel an. Das sind die Streitpunkte.

    Für den Kanzler ist es eine diplomatische Bewährungsprobe, wenn er heute nach China aufbricht: Ein komplexes Geflecht aus Abhängigkeiten und gegensätzlichen Interessen verbindet beide Länder. Eine ganze Reihe von Problemen machen den Umgang mit der Volksrepublik außerordentlich schwierig. Olaf Scholz (SPD) will in Peking Lösungen ausloten. Von einer "Sondierungsreise" ist in seinem Umfeld die Rede. Die Konfliktthemen:

    Störung der Handelsbeziehungen

    Chinas Wirtschaft schwächelt. Für Deutschlands Wirtschaftsmodell, das von Exporten abhängt, ist das ein Problem, denn die Volksrepublik ist Deutschlands größter Handelspartner, ihre enorme wirtschaftliche Entwicklung hat auch den Wohlstand in Deutschland gemehrt. Die aktuelle Flaute ist Ergebnis politischer Entscheidungen in Peking: Die restriktive Null-Covid-Politik stranguliert die Volkswirtschaft. Die Folgen sind auch in Deutschland spürbar. Weitere Unsicherheitsfaktoren: die Schuldenkrise in Chinas Immobiliensektor und der Handelsstreit mit den USA.
    Datawrapper-Grafik: Importe und Exporte Deutschland China
    ZDFheute Infografik
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    Abhängigkeiten und Erpressbarkeit

    Als größte Exportnation der Welt hat die Volksrepublik einen mächtigen Hebel, ihre globalen Interessen durchzusetzen. Chinas Staatsunternehmen steigen weltweit gezielt in Schlüsselindustrien ein und schaffen Abhängigkeiten. Die Sorge davor - und damit auch vor der Erpressbarkeit - ist groß in Deutschland. Umso größer ist das Unverständnis vieler, warum Kanzler Scholz kurz vor seiner Peking-Reise den Einstieg Chinas am Hamburger Hafen durchboxte.

    Rivalität der Systeme und Werte

    Chinas Präsident Xi Jinping beansprucht die absolute Macht für sich und seinen Parteiapparat. Die von Xi betriebene ideologische Verhärtung der Volksrepublik könnte Konflikte mit dem Rest der Welt heraufbeschwören. Vorbei ist die Zeit, in der China mit einer Kombination aus wirtschaftlicher Öffnung und gleichzeitiger politischer Zurückhaltung auf der Weltbühne als berechenbare Größe agierte. Xis Anspruch ordnet wirtschaftliche Erwägungen einem übergreifenden Ziel unter: Sein China bietet der Welt ein neues Ordnungsmodell an - und will eine Alternative zu "westlichen Werten" wie Demokratie und liberaler Gesellschaft ein. China beansprucht einen eigenen Platz als Weltmacht.

    Menschenrechte

    Xis Ordnungsmodell beruht nach innen auf einer absoluten, technologisch abgesicherten Kontrolle der Gesellschaft mit totalitärem Führungsanspruch der Kommunistischen Partei. Die Hoffnung gerade auch deutscher Politiker, dass China durch Außenhandel und wachsenden Wohlstand irgendwie demokratischer werden könnte, ging nicht auf. Uiguren, Tibet, Hongkong: Die Vorwürfe gegen China sind gravierend. Scholz steht unter großem Druck, sich von der Führung in China abzugrenzen. Die deutsche Wirtschaft aber will weiter lukrative Geschäfte machen. Mit von der Partie sind in Scholz' Delegation etwa die Chefs von VW und BASF, die ihr China-Geschäft derzeit ausbauen.
    Miriam Steimer, ZDF-Korrespondentin in China
    Von Bundeskanzler Olaf Scholz wird vor seiner Reise "mehr Aufmerksamkeit für das Vorgehen der chinesischen Führung gegen die Uiguren" gefordert, sagt Miriam Steimer, ZDF-Korrespondentin in China.02.11.2022 | 3:22 min

    Krisenherde

    China zählt zu den Profiteuren des Kriegs in der Ukraine. Die Volksrepublik bezieht russisches Öl, das der Westen nicht mehr kauft, zum Billigpreis. Seit Kriegsbeginn wächst der Warenaustausch zwischen China und Russland kräftig. Damit nimmt Peking den Sanktionen des Westens ihre Durchschlagskraft. Peking weigert sich, den russischen Angriffskrieg öffentlich zu verurteilen. Und die Volksrepublik behält sich ausdrücklich vor, die demokratisch regierte Insel Taiwan mit militärischer Gewalt unter ihre Herrschaft zurückzuholen. Für die deutsche Wirtschaft wäre das ein Schreckens-Szenario: Dann stünden Sanktionen gegen Peking an, die das China-Geschäft kollabieren lassen würden.

    Kurswechsel?

    Vor seiner Reise kündigte Scholz einen Kurswechsel gegenüber China an. In der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt er:

    "Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor fünf oder zehn Jahren."

    Kanzler Scholz in der "FAZ"

    "Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern", so Scholz. Er sei zwar gegen eine wirtschaftliche Entkopplung. Einseitige Abhängigkeiten müssten aber abgebaut werden. "Wo riskante Abhängigkeiten entstanden sind - etwa bei wichtigen Rohstoffen, manchen seltenen Erden oder bestimmten Zukunftstechnologien -, stellen unsere Unternehmen ihre Lieferketten nun zu Recht breiter auf. Wir unterstützen sie dabei, zum Beispiel durch neue Rohstoff-Partnerschaften."
    Quelle: AFP, dpa

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