Scholz erneut vor Cum-Ex-U-Ausschuss: Was Sie wissen müssen

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    Cum-Ex-Affäre:Scholz vor U-Ausschuss: Was Sie wissen müssen

    19.08.2022 | 19:27
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    Olaf Scholz musste ein zweites Mal vor den Untersuchungsausschuss in Hamburg: Worum geht es in der Cum-Ex-Affäre - und welche Rolle soll der Kanzler spielen?

    Worum geht es in der Cum-Ex-Affäre?

    Der Ausschuss soll klären, ob führende SPD-Politiker Einfluss auf die steuerliche Behandlung der in den Skandal verwickelten Warburg Bank genommen haben. Im Fokus stehen sogenannte Cum-Ex-Geschäfte, bei denen Finanzakteure Aktienpakete in einem vertrackten System verschoben und sich dann Steuern erstatten ließen, die nie gezahlt wurden.

    Bei Cum-Ex-Geschäften fordern Investoren und Banken die gleiche Steuer mehrfach vom Staat zurück. Dazu werden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch um den Dividendenstichtag einer Aktiengesellschaft herum gehandelt. Die Dividende, also die Gewinnbeteiligung der Anleger, muss von Privatanlegern mit 25 Prozent versteuert werden. Banken oder Fonds können sich die Steuer aber nachträglich vom Staat zurückerstatten lassen.

    Bei den Cum-Ex-Deals geschah diese Rückerstattung aber mehrmals. Weil die Aktiendeals so trickreich gestaltet waren, konnte der Staat schwer erkennen, dass er zu viel auszahlte. Das Geschäftsmodell hatte seine Hochphase von 2006 bis 2012. Der deutsche Staat büßte Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliardenbetrag ein.

    Welche Rolle soll Olaf Scholz spielen?

    Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich 2016 und 2017 als damaliger Regierungschef Hamburgs mit den Gesellschaftern der in den Skandal verwickelten Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, getroffen. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung 2016 Rückforderungen für zu unrecht erstattete Steuern in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank in die Verjährung laufen lassen.
    Eine Forderung über 43 Millionen Euro wurde 2017 erst auf Druck des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung erhoben. Gegen Olearius wurde zum Zeitpunkt der Treffen schon wegen Cum-Ex-Geschäften ermittelt.

    Was hat Scholz vor dem Ausschuss gesagt?

    Der Bundeskanzler hat erneut jegliche Einflussnahme auf das Steuerverfahren der Warburg-Bank zurückgewiesen. Nach der mehr als dreistündigen Befragung bekräftigte er:

    Da war nichts, es hat keine Einflussnahme gegeben.

    Damit bestätigte Scholz die Aussagen, die er bereits bei seiner ersten Vernehmung vor dem Ausschuss getroffen hatte. Zudem beklagte er "Mutmaßungen und Unterstellungen", die gegen ihn gerichtet würden.
    Dem Verdacht, dass Scholz als damaliger Bürgermeister und die Banker Absprachen zum Schutz der Bank getroffen haben könnten, widersprach er vehement. "Es findet sich nirgends auch nur der kleinste Hinweis", dass da etwas abgesprochen worden sei, sagte er. An Einzelheiten der Treffen könne er sich nicht erinnern. Die Opposition warf dem Kanzler vor, durch wiederholten Verweis auf Erinnerungslücken die Aufklärung zu verweigern.

    Worum geht es bei den Erinnerungslücken?

    Scholz hat zwar bestätigt, dass er 2016 und 2017 mit Olearius und Warburg zusammengekommen ist. Die Treffen waren durch die Veröffentlichung von Einträgen aus Olearius Tagebüchern, die im Zuge der Ermittlungen gegen den Banker von der Staatsanwaltschaft sichergestellt worden waren, bekanntgeworden. An die Inhalte der Gespräche könne er sich aber nicht mehr erinnern, sagte Scholz bereits im April vergangenen Jahres vor dem Ausschuss.

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    Gegen wen wird ermittelt?

    Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die SPD-Politiker Pawelczyk und Kahrs sowie die damals im Hamburger Finanzamt für Großunternehmen für die Warburg Bank zuständige Beamtin wegen des Verdachts der Begünstigung der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften.
    Kahrs und Pawelczyk hatten sich laut den bekanntgewordenen Tagebucheinträgen von Olearius dafür eingesetzt, dass der Bank-Mitinhaber Scholz bei einem Treffen im Rathaus von den Steuerproblemen berichten kann. Nach einem Bericht der "Bild" soll im Schließfach von Kahrs im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen ein hoher Geldbetrag gefunden worden sein - dessen Besitz für sich genommen nicht illegal ist. Laut seinem Sprecher wusste Scholz nichts vom angeblichen Bargeld.
    Gegen Scholz richten sich die Ermittlungen nicht. Auch die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft lehnte es erst in der vergangenen Woche ab, Ermittlungen wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen ihn einzuleiten.

    Kann der Cum-Ex-Skandal für den Kanzler gefährlich werden?

    Bislang hat die Befragung von mehr als 50 Zeugen im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss keinen Beleg dafür erbracht, dass Scholz die Unwahrheit sagt. Allein, dass er sich auf Erinnerungslücken beruft und somit wenig Transparenz schafft, wertet die Opposition jedoch als Schaden für die Demokratie. Linken-Obmann Norbert Hackbusch geht fest davon aus, dass der Kanzler noch ein drittes Mal vor dem Ausschuss erscheinen muss.

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