Kanzler Scholz bereitet die Deutschen in einem FAZ-Gastbeitrag auf länger anhaltende Sanktionen vor - und auf Entbehrungen. Auch die EU will er umkrempeln.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Deutschen auf länger anhaltende Sanktionen gegen Russland und auf Entbehrungen eingestimmt. Russlands Präsident Wladimir Putin müsse aber mit seinem "neo-kolonialen" Kurs auf jeden Fall gestoppt werden, schrieb Scholz in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Mit Blick auf die Folgen für Deutschland fügt er hinzu:
Schon jetzt litten viele Bürgerinnen und Bürger unter den Auswirkungen des Kriegs gegen die Ukraine, vor allem unter den hohen Preisen für Benzin und Lebensmittel.
- So teuer ist Einkaufen geworden
Energie, Nahrungsmittel, Verkehr: Die Inflation ist so hoch wie lange nicht. Ein Gang durch unser Einkaufszentrum zeigt, wie teuer das Leben geworden ist.
Scholz: Weltwirtschaft vor ungekannten Herausforderungen
Deshalb habe die Regierung zwei Entlastungspakete im Volumen von 30 Milliarden Euro beschlossen. "Doch zur Wahrheit gehört: Die Weltwirtschaft steht vor einer seit Jahrzehnten ungekannten Herausforderung", betont der SPD-Politiker. Lieferketten seien unterbrochen, Rohstoffe knapp und es gebe eine kriegsbedingte Unsicherheit an den Energiemärkten. Dies alles treibe weltweit die Preise.
Das betont Scholz. "Wir müssen zusammenhalten und uns unterhaken", schreibt er mit Hinweis auf die sogenannte Konzertierte Aktion der Regierung mit Gewerkschaften, Arbeitgebern und Wissenschaftlern.
Bundeskanzler Scholz startet eine Konzertierte Aktion, um die Auswirkungen der hohen Inflation abzumildern. Er sucht gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitgeber nach Lösungen.
Kanzler: Sanktionen dienen auch "eigenem Schutz"
Putin müsse klar sein, dass bei einem russischen Diktatfrieden keine einzige Sanktion aufgehoben werde, betont Scholz zu den bisher sechs Sanktionspaketen. Man zeige damit aber nicht nur Solidarität mit der "existenzbedrohten Ukraine", sondern sorge auch für den eigenen Schutz.
"Wenn wir Putins Aggression jetzt nichts entgegensetzen, dann könnte er weitermachen", mahnte der Kanzler und verwies darauf, dass die Nato nicht mehr ausschließe, dass es einen russischen Angriff auch auf Nato-Gebiet geben könne.
Hintergrund ist die Sorge in der Regierung, dass steigende Energiepreise die Unterstützung für die Sanktionspolitik bröckeln lassen könnten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte im "Handelsblatt", dass "Populisten und Extremisten" die Krise für Angst und Spaltung, aber auch für Hass und Bedrohungen nutzen könnten.
Politik und gesellschaftliche Gruppierungen diskutieren über Wege, wie bei steigenden Energiepreisen insbesondere Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen entlastet werden. Die Inflationsrate könnte über die Wintermonate weiter hoch bleiben.
Für stärkere geopolitische Europäische Union
Als weitere Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt sich Scholz für eine stärkere und "geopolitische Europäische Union" ein. Der SPD-Politiker schreibt, die EU müsse ihre Reihen auf allen Feldern schließen, auf denen sie bisher uneinig gewesen sei: "bei der Migrationspolitik etwa, beim Aufbau einer europäischen Verteidigung, bei technologischer Souveränität und demokratischer Resilienz".
Er kündigte dazu konkrete Vorschläge der Bundesregierung "in den nächsten Monaten" an.
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