Die Ukraine soll schwere Waffen bekommen, von Deutschland aber nur über Umwege. Was bietet Kanzler Scholz an - und was hält die Ukraine davon? Ein Überblick.
Tagelang hatte sich der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz aufgebaut. Er sollte das weitere Vorgehen bei Waffenlieferungen an die Ukraine erklären. Am Dienstag war es dann soweit. In einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz beantwortete Scholz die Frage, ob die Ukraine nun auch schwere Waffen aus der Nato erhalten soll. "Ja, aber" lautete seine Antwort.
Was hat der Kanzler der Ukraine zugesagt?
Deutschland will nicht direkt weitere Waffen an die Ukraine liefern. Als Alternative wird die Bundesregierung Rüstungslieferungen der deutschen Industrie an die Ukraine genehmigen und finanzieren. Dafür hat die Rüstungsindustrie eine Angebotsliste erstellt, von der die Ukraine sich auch schon Rüstungsgüter ausgesucht haben soll. Laut Scholz sind darunter Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrraketen und Munition. Also das, was schon seit Kriegsbeginn aus alten Beständen an die Ukraine geliefert wird.
Nun soll aber noch hinzukommen, "was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann". Ob damit nun Mörser, schwere Artilleriegeschütze oder nur Munition für diese Geschütze gemeint sind, verriet Scholz nicht. Er spricht aber von Waffen "mit erheblicher Auswirkung".
Was will die Bundesregierung noch tun?
Deutschland bietet Nato-Partnern, die Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern, einen Ausgleich an. Gerade diese Waffen sind für die Ukraine nützlich, weil die Soldaten Waffen aus Sowjetzeiten bedienen können und keine längere Ausbildung nötig wird.
Diese Waffen sind vor allem in osteuropäischen Staaten vorhanden. So soll Tschechien bereits Panzer geliefert haben. Estland hat Artilleriegeschütze bereitgestellt. Polen und die Slowakei haben sogar die Lieferung von Kampfjets ins Spiel gebracht.
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Was machen andere Bündnispartner?
Die USA haben die Lieferung von schweren Artilleriegeschützen bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Auch die Niederlande sagte die Lieferung schwerer Waffen zu. Scholz deutete eine Beteiligung an, die wohl als Zulieferung zu verstehen ist. Es könnte dabei um die Bereitstellung von Munition oder Ausbildung gehen.
Werden weitere Waffen aus Bundeswehrbeständen geliefert?
"Hier müssen wir inzwischen erkennen, dass die Möglichkeiten, die wir haben, an ihre Grenzen stoßen", sagt Scholz. Hintergrund ist, dass die Bundeswehr ihre schweren Waffen selbst für sich beansprucht, um die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleisten zu können.
Deutschland will weiterhin keine schweren Waffen an die Ukraine liefern. Der Ukrainische Botschafter zeigte sich im ZDF enttäuscht.
Ist die Ukraine zufrieden mit den Ankündigungen von Scholz?
Nein. In Kiew seien die Äußerungen des SPD-Politikers "mit großer Enttäuschung und Bitterkeit" zur Kenntnis genommen worden, sagt der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk. Er nennt es "nicht nachvollziehbar", dass die Bundeswehr keine schweren Waffen abgeben kann.
Seiner Ansicht nach könnte die Truppe etwa 100 Marder-Schützenpanzer, die nur für Training und Ausbildung genutzt werden, einen Großteil ihrer 800 Fuchs-Transportpanzer und Panzerhaubitzen 2.000 abgeben. Melnyk bemängelt auch, dass auf der Angebotsliste der Rüstungsindustrie, von der sich die Ukraine Rüstungsgüter aussuchen darf, keine schweren Waffen stünden.
Die Bundeswehr kann schwere Waffen nicht entbehren, sagt Vize-Generalinspekteur Laubenthal zur Forderung der Ukraine. Dies hält Sicherheitsexperte Masala nicht für glaubwürdig.
Kann die Bundeswehr wirklich keine Marder-Panzer oder Panzerhaubitzen entbehren?
Die Bundeswehr verfügt über ungefähr 380 Schützenpanzer Marder, von denen allerdings nicht mal zwei Drittel einsatzbereit sind. Die Streitkräfte seien noch auf Jahre auf den Panzer angewiesen, heißt es. "Wir hätten keine Möglichkeit mehr, auf Eventualitäten zu reagieren, und das würde die Verteidigungsfähigkeit doch erheblich schwächen", sagte der stellvertretende Generalinspekteur Markus Laubenthal im ZDF-Morgenmagazin.
Ein Großteil der Marder werde auch herangezogen, um Ersatzteile für den Einsatz bereitzustellen. Der Sicherheitsexperte Carlo Masala bezweifelte aber, dass die Bundeswehr überhaupt keine schweren Waffen entbehren könne, um sie an die Ukraine zu liefern.
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