Kanzler Scholz will erst einmal nicht nach Kiew reisen - der ukrainische Botschafter Melnyk kritisiert das scharf. Auch EU-Parlamentarier Weber äußert Unverständnis.
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat das vorläufige Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Kiew-Reise scharf kritisiert. "Eine beleidigte Leberwurst zu spielen klingt nicht sehr staatsmännisch", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur.
Scholz hatte am Montagabend im ZDF gesagt, die Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier durch die Ukraine stehe seiner Reise im Weg. Steinmeier wollte Mitte April eigentlich zusammen mit den Staatschefs von Polen, Lettland, Estland und Litauen nach Kiew fahren, erhielt aber kurzfristig eine Absage.
Weiterhin Forderung nach schweren Waffen
Melnyk sagte, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj würde sich weiterhin freuen, Scholz in Kiew empfangen zu dürfen. Er fügte aber hinzu: "Worauf sich die Ukraine viel mehr als auf alle symbolischen Besuche freuen würde, ist, dass die Ampel-Regierung den Antrag des Bundestages über die Lieferung von schweren Waffen zügig umsetzen wird und die bisherigen Zusagen erfüllt."
Er kritisierte, dass für die versprochenen Gepard-Flugabwehrpanzer noch immer keine Munition gefunden worden sei. Die Panzer sind die ersten schweren Waffen, die direkt aus Deutschland in die Ukraine geliefert werden sollen.
EVP-Fraktionschef Weber kritisiert Scholz
Auch der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), hat Unverständnis darüber geäußert, dass der Bundeskanzler weiterhin nicht nach Kiew reisen will. Er sagte im Bayerischen Rundfunk:
Er forderte Scholz auf, auf Kiew zuzugehen.
Weber: Ukrainer bezahlen auch Fehler der Sozialdemokraten
Die Ukrainer seien "im Überlebenskampf", betonte seinerseits Weber. Deutschland müsse deshalb "jetzt auch mal runterschlucken, wenn einmal eine Entscheidung gefällt worden ist, von der ja auch eingeräumt worden ist, dass sie nicht perfekt war." Es gehe darum, Solidarität zu zeigen.
Die ersten Menschen haben die Bunker unter dem Stahlwerk in Mariupol verlassen. Sie schildern eindrücklich, was sie erlebt haben. Gerettet wurde bisher aber nur ein Bruchteil.
Er habe Verständnis dafür, dass der Bundespräsident eine besondere Rolle habe, sagte der CSU-Politiker. "Aber wenn man die Person sieht, muss man schon darauf hinweisen. (...): Die Ukrainer bezahlen die Fehler, die gemacht worden sind in den vergangenen Jahren, in Berlin und auch von Sozialdemokraten."
Der SPD-Politiker Steinmeier hatte als Außen- und Kanzleramtsminister die frühere deutsche Russland-Politik entscheidend mitgeprägt.
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