Seit Ende März hatten Bundeskanzler Scholz und Russlands Präsident Putin keinen telefonischen Kontakt. Nun ergriff Scholz die Initiative. Ein Überblick, was besprochen wurde.
Nach mehr als sechs Wochen Funkstille hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen.
In einem 75-minütigen Telefonat am Freitagvormittag forderte der SPD-Politiker einen schnellen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg, die Verbesserung der humanitären Lage im Kriegsgebiet und Fortschritte bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung des Konflikts, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte.
Nach Angaben des Kremls kam das Gespräch auf deutsche Initiative zustande. Es sei vereinbart worden, die Diskussion "auf verschiedenen Kanälen" fortzusetzen.
Scholz und Putin: Letztes Gespräch am 30. März
Scholz hatte nach Beginn des Krieges in der Ukraine mehrfach mit Putin telefoniert, zuletzt am 30. März. Wenige Tage später wurde das Massaker im Kiewer Vorort Butscha bekannt. Danach gab es zunächst keinen Kontakt mehr.
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In einem vergangene Woche veröffentlichten "Stern"-Interview hatte Scholz gesagt:
Hebestreit begründete den jetzigen Vorstoß des Kanzlers mit den Worten: "Man muss natürlich an irgendeinem Punkt dazu kommen, dass es auch wieder diplomatische Initiativen geben muss." Ziel sei es, "diesen furchtbaren Krieg mit schrecklichen Zahlen von Opfern, viel Zerstörung und auch der ganzen Sinnlosigkeit, die ein Krieg mit sich bringt, einem Ausweg zuzuführen."
"Die Ukraine wird bestehen, Freiheit und Sicherheit werden siegen" – so Bundeskanzler Scholz in seiner TV-Ansprache zum 8. Mai.
Putin erläutert seine Ziele in der Ukraine
Aus dem Kreml hieß es zu dem Gespräch, Putin habe "ausführlich" über Russlands Ziele in der Ukraine informiert. Ein Fokus habe auf humanitären Aspekten gelegen. Putin habe Scholz zudem auf "grobe Verletzungen der Normen des internationalen Völkerrechts durch sich zur nazistischen Ideologie bekennende Kämpfer" hingewiesen.
Russland begründet seinen am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg gegen das Nachbarland immer wieder unter anderem mit einer angeblichen "Entnazifizierung" der Ukraine. Experten stufen das als reinen Vorwand für Moskaus Aggression ein.
Keine Aussaat, keine Ernte
Auch globale Lebensmittelversorgung Thema
Scholz wies in dem Telefonat die Nazi-Vorwürfe Putins gegen die Ukraine zurück. Laut Hebestreit sprachen Kanzler und Präsident auch über die globale Lebensmittelversorgung, die wegen des russischen Angriffskriegs angespannt ist. "Der Bundeskanzler erinnerte daran, dass Russland hier in besonderer Verantwortung steht", schrieb der Regierungssprecher.
Die Ukraine zählt zu den größten Getreideproduzenten weltweit, kann aber wegen der durch Russland blockierten Häfen im Schwarzen Meer derzeit nichts ausführen.
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Gespräch vor dem 9. Mai "keinen Sinn"
Scholz hatte seine Initiative für ein Gespräch mit Putin bereits am Morgen im Verteidigungsausschuss des Bundestags angekündigt. Nach Teilnehmerangaben soll er dort darauf verwiesen haben, dass ein Gespräch vor dem 9. Mai noch keinen Sinn gemacht hätte.
An diesem Tag hatte Putin seine mit Spannung erwartete Rede bei der Militärparade zum 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gehalten. Sie fiel weitaus weniger scharf aus, als viele erwartet hatten. Es war befürchtet worden, Putin könnte die Generalmobilmachung ausrufen oder der Ukraine formell den Krieg erklären.
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