Analyse
Nach Rede über Europa:Scholz kritisiert US-Vizepräsident Vance scharf
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Einmischung in den deutschen Wahlkampf zugunsten der AfD - das gehört sich nicht, kritisiert Kanzler Olaf Scholz entsprechende Äußerungen von US-Vizepräsident Vance in München.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Äußerungen von US-Vizepräsident J.D. Vance zugunsten der AfD scharf zurückgewiesen und sich jede Einmischung in den deutschen Wahlkampf verbeten.
Deutschland werde es "nicht akzeptieren, wenn Außenstehende zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, in unsere Wahlen und in die demokratische Meinungsbildung eingreifen", sagte der SPD-Politiker am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
Das gehört sich nicht - erst recht nicht unter Freunden und Verbündeten.
Olaf Scholz, Bundeskanzler
"Wie es mit unserer Demokratie weitergeht, das entscheiden wir selbst", so Scholz.
Vance trifft Weidel
Er sei US-Vizepräsident JD Vance dankbar dafür, dass dieser beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau am Donnerstag betont habe, dass sich der Nationalsozialismus nie wiederholen dürfe, sagte der Kanzler. Aber das Bekenntnis zum "Nie wieder" sei "nicht mit der Unterstützung für die AfD in Einklang zu bringen".
Vance hatte mit seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz am Freitag Verstimmung bei den Europäern ausgelöst. Er hatte darin von einem "Rückzug" der Meinungsfreiheit in Europa gesprochen und "Brandmauern" gegen populistische Parteien gerügt. Abseits der Sicherheitskonferenz traf er sich mit AfD-Chefin Alice Weidel. Ein Treffen mit Scholz gab es nicht.
Scholz ging in seiner Rede auch auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ein und sagte Kiew weitere europäische Unterstützung zu - auch in möglichen Verhandlungen der USA und Russlands. "Wir Europäer sind es, die die Ukraine am stärksten unterstützen - und zwar so lange, wie dies nötig ist", sagt Scholz. Die Ukraine müsse "am Ende jeder Verhandlungslösung über Streitkräfte verfügen, mit denen sie jeden erneuten russischen Angriff abwehren kann". Dafür würden die Europäer, aber auch die transatlantischen und internationalen Partner der Ukraine "weiter gebraucht".
Selenskyj fordert Gründung europäischer Armee
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte in München eine europäische Armee, um Russland wirksam entgegentreten zu können. "Ich kann Sie nur dazu aufrufen, zu handeln, zu ihrem eigenen Wohl."
Selenskyj warf Russland vor, an einem Ende des Krieges gegen sein Land nicht interessiert zu sein. "Es möchte keinen Frieden. Es bereitet sich nicht auf Dialog vor." Auch werde es keinen Frieden geben, ohne dass die Regierung in Kiew und Europa an den Verhandlungen darüber beteiligt seien, sagte er in seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz.
Keine Entscheidung über die Ukraine ohne die Ukraine, keine Entscheidung über Europa ohne Europa.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Verteidigungsausgaben: Schuldenregeln im Visier
Kanzler Scholz forderte mit Blick auf die nötigen Ausgaben für die Verteidigung erneut eine Reform der Schuldenbremse. "Jeder, der behauptet, das könne man durch eine kleine Kürzung hier oder dort aus dem laufenden Haushalt heraussparen, der sagt den Bürgerinnen und Bürgern nicht die Wahrheit." Ausnahmen bei der Schuldenbremse seien sowohl für Investitionen als auch für Verteidigung nötig. "Und ich sage Ihnen heute voraus: Auch dafür wird es eine Mehrheit geben nach der Wahl."
Der Kanzler sprach sich auch für eine Anpassung des EU-Stabilitätspakts zugunsten höherer Verteidigungsausgaben aus. Er schlage eine Ausnahme vor "für alle Investitionen in Verteidigungsgüter, die oberhalb unseres bisherigen Nato-Ziels von zwei Prozent liegen". EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits am Freitag angekündigt, die europäischen Schuldenregeln lockern zu wollen, um den Mitgliedsländern deutlich höhere Verteidigungsausgaben zu ermöglichen.
Quelle: ZDF, AFP, Reuters, dpa
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