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Reden zum 8. Mai : Solidarität mit der Ukraine, irgendwie

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Erst der Bundespräsident, dann die Bundestagspräsidentin und der Kanzler: Die Staatsspitze sendet heute Zeichen der Solidarität an Kiew. Gemeinsam. Aber richtig neu ist nichts.

Er hätte eine neue Waffenlieferung ankündigen können. Oder, dass die EU das Öl-Embargo konkret auf den Weg gebracht und die G7 mehr als eine Absichtserklärung vereinbart hat. Oder er hätte die Bevölkerung auf Einsparungen einstimmen können. All das hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seiner TV-Ansprache zum 8. Mai nicht getan.

Der Kanzler tat stattdessen das, was man zuvor häufig an ihm kritisiert hatte: Er klärte seine Ukraine-Politik. Und die ist nicht viel anders als in den Tagen zuvor.

"Die Ukraine wird bestehen, Freiheit und Sicherheit werden siegen" – so Bundeskanzler Scholz in seiner TV-Ansprache zum 8. Mai.

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Scholz: Wir tun viel

Scholz sagte, dieser 8. Mai sei wie kein anderer, deswegen gebe es heute diese TV-Ansprache - in seiner noch recht kurzen Amtszeit schon die dritte.

77 Jahre nach Kriegsende werde wieder das Recht durch rohe Gewalt gebrochen, es herrsche Krieg in Europa, sagte Scholz. "Russland hat diesen Krieg entfesselt." Man müsse erleben, "wie Russlands Armee in der Ukraine Männer, Frauen und Kinder umbringt, Städte in Schutt und Asche legt, ja selbst Flüchtende angreift."

Wie reagieren auf all diese Gräueltaten? Deutschland, so Scholz, wolle mithelfen, "damit die Gewalt ein Ende finden kann". So wie einst selbst Deutschland vom Naziregime befreit worden ist. Scholz zufolge habe man bereits weitreichende Entscheidungen getroffen:

Zügig und entschlossen, durchdacht und abgewogen.
Bundeskanzler Olaf Scholz

Scholz nannte die Sanktionspakete, die Aufnahme geflüchteter Menschen aus der Ukraine und die Lieferung von Waffen. "Das setzen wir fort." Wie genau, sagte er nicht. Aber: Man tue viel, so Scholz. Und in Richtung seiner Kritiker:

Und zugleich tun wir nicht einfach alles, was der eine oder die andere gerade fordert.
Bundeskanzler Olaf Scholz

Die roten Linien bleiben für ihn: Alles müsse zusammen mit den Bündnispartnern passieren, die Bündnisfähigkeit der Bundeswehr dürfe nicht gefährdet, die Nato nicht Kriegspartei werden und nichts dürfe gemacht werden, was Deutschland mehr schade als Russland. Das heißt übersetzt: Ein schnelles Öl- und Gasembargo kommt nicht.

Steinmeier: Krieg ist "Epochenwende"

Den großen Appell an den Zusammenhalt in der deutschen Bevölkerung überließ Scholz Bundespräsident Steinmeier. Zwar erwähnte auch Scholz indirekt die offenen Briefe der vorigen Woche und die Forderung an ihn, nicht mit Waffenlieferungen den Krieg zu verlängern. Daraus spreche die Sorge, so Scholz, dass sich der Krieg ausweite: "Es wäre falsch, das einfach abzutun. Solche Sorgen müssen ausgesprochen werden können."

Deutlicher wurde dann Steinmeier, der am Vormittag vor dem Kongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes sprach. Dieser Krieg sei eine "Epochenwende". Er habe "viele unserer Gewissheiten der letzten Jahrzehnte in Frage gestellt oder schon hinweggefegt", so Steinmeier. Das habe Auswirkungen, auch auf die deutsche Bevölkerung.

Solidarität, das bedeutet auch, dass wir Lasten zu tragen haben, und das für lange Zeit.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Energiekosten steigen, die Inflation auch, die Aus- und Aufrüstung der Bundeswehr werde Geld kosten. Es werde eine viel tiefgreifender Debatte werden, als man es heute schon absehen könne: Die Gesellschaft werde streiten, so Steinmeier. Dabei dürfe ein nicht verloren gehen: "einander zuzuhören und andere Meinungen überhaupt noch gelten zu lassen".

Zur Demokratie gehört aber auch, dass wir Kontroversen mit Respekt und gegenseitiger Achtung führen und andere nicht niedermachen oder verächtlich machen, weil wir ihre Meinung nicht teilen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Gratwanderung am Gedenktag

Wie komplex diese Kontroverse ist, zeigte sich an diesem Wochenende zum Beispiel in Berlin. Dass die Sowjetunion Deutschland von dem Naziregime befreit hat und die meisten Toten zu beklagen hatte, würde wohl niemand bestreiten. Genau das wird am 8. Mai gefeiert.

Doch aus Sorgen davor, dass der aktuelle Krieg Russlands gegen die Ukraine instrumentalisiert werde, waren diesmal Flaggen an 15 Orten verboten. Auch Solidarität mit der Ukraine war unerwünscht: Ein ukrainisches Banner musste wieder eingerollt werden, der Botschafter der Ukraine, Andrij Melnyk, wurde bei einer Kranzniederlegung Buhrufe und "Melnyk raus"-Rufe von Gegendemonstranten bedacht.

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Ukraine fordert weitere Hilfen

Zumindest ein Streit scheint aber ausgeräumt: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas besuchte heute Kiew und war bei den Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende dabei.

"Es berührt mich tief, dass ich heute hier sein kann – als Repräsentantin des Landes, das den Zweiten Weltkrieg und die Shoa zu verantworten hat", sagte Bas. Das sei keine Selbstverständlichkeit. Vor allem nicht, nachdem Bundespräsident Steinmeier erst als unerwünscht in der Ukraine erklärt wurde und Scholz deswegen nicht fahren wollte.

Bas wurde von ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefantschuk mit einer Umarmung empfangen. Ihr Besuch sei "für uns wirklich ein Zeichen der Solidarität Deutschlands mit der Ukraine und mit dem ukrainischen Volk", so Stefantschuk. "Ich möchte, dass Sie die Dankbarkeit unseres ganzen Volkes für die Unterstützung in den Bundestag mitnehmen."

Neue Forderungen an Deutschland aber bleiben: Hilfe beim EU-Beitritt, weitere Waffen etwa. Was Deutschland konkret bereit ist zu geben – das blieb heute offen. Morgen gedenkt Russland dem Ende des Zweiten Weltkriegs, Präsident Wladimir Putin wird eine Rede halten.

Schon bald könnte sich zeigen: Solidaritätsbekundungen mögen sonntags reichen, montags aber schon nicht mehr.

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