Wegen seiner Freundschaft zu Russlands Präsident Putin ist Ex-Kanzler Schröder in Deutschland zunehmend isoliert. Jetzt nutzt er sie für einen Vermittlungsversuch im Ukraine-Krieg.
Altkanzler Gerhard Schröder hat Moskau mit der Absicht besucht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen. Nach Informationen des ZDF-Studios Niedersachsen sagte Schröder das einem engen Kreis von Vertrauten. Nach dpa-Informationen fand ein erstes Gespräch zwischen Schröder und Putin am Donnerstag statt. Ob weitere geplant sind, blieb zunächst unklar.
Aus der Bundesregierung war zuvor verlautet, dass die Reise nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Rande des EU-Gipfels in Versailles zu den Berichten über die Reise nur: "Ich möchte das nicht kommentieren."
Schröder-Kim postet Foto mit Blick zum Roten Platz
Schröders Ehefrau Soyeon Schröder-Kim veröffentlichte auf ihrer Instagram-Seite am Donnerstagabend ein Foto von sich mit gefalteten Händen und geschlossenen Augen, im Hintergrund ist die Basilius-Kathedrale am Roten Platz in Moskau zu sehen. Nach dpa-Informationen reisten Schröder und Schröder-Kim über Istanbul nach Moskau. Die Initiative für die Vermittlungsaktion soll von ukrainischer Seite ausgegangen sein.
Schröder ist seit langem mit Putin befreundet, der am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat. Der Altkanzler ist zudem für die Erdgas-Pipeline-Unternehmen Nord Stream 1 und 2 als Lobbyist tätig sowie Aufsichtsratschef beim russischen Ölkonzern Rosneft.
Auch nach Beginn des Ukraine-Kriegs hielt er trotz massiven Drucks auch aus seiner eigenen Partei an den Posten fest. Die SPD-Spitze hat Schröder bereits ultimativ aufgefordert, seine Mandate bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Man erwarte eine "zeitnahe" Antwort, hatte Parteichef Lars Klingbeil vor einer Woche gesagt. Bisher ist eine solche Antwort Schröders aber nicht bekannt. Ein SPD-Ortsverein hat bereits den Parteiausschluss Schröders beantragt.
Gerhard Schröder galt als "Friedenskanzler", mit seiner Haltung zu Putin und zur russischen Invasion in der Ukraine gerät er zunehmend in Kritik. Politiker fordern, er solle seine Ämter bei russischen Firmen
Klingbeil zur Moskau-Reise: "Erstmal was Vernünftiges"
Am Donnerstagabend äußerte sich Klingbeil in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" vorsichtig positiv zur Moskau-Reise Schröders.
Ob es etwas nütze, werde man sehen. Auf jeden Fall aber sei gerade jede Gesprächssituation "erstmal was Vernünftiges".
"maybrit illner" mit dem Thema „Krieg in der Ukraine" vom 10. März 2022.
Klingbeil sagte, er selbst habe nichts von einem Besuch Schröders in Russland gewusst. Regierungsvertreter, mit denen er gesprochen habe, hätten auch nichts von einem Treffen gewusst.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), sagte im ZDF: "Jede Chance sollte ergriffen werden, um die Waffen zum Schweigen zu bringen. Und da geht's mir nicht um Gerhard Schröder oder irgendjemand anderen. Es geht mir um die Menschen in der Ukraine, die hätten das nämlich verdient. Deswegen drücke ich die Daumen."
Umweg über Istanbul
Nach dem Bericht von "Politico" ist die Reise von einem Kiewer Politiker eingefädelt worden. Am Montag sei das Ehepaar Schröder-Kim zunächst nach Istanbul gereist, wo der Altkanzler eine ukrainische Delegation getroffen habe. Seine anschließende Bitte bei Putin um ein Treffen soll innerhalb von zehn Minuten positiv beantwortet worden sein. Am Mittwoch seien Schröder und Schröder-Kim dann mit einer russischen Maschine nach Moskau gebracht worden.
Schröder-Kim hatte schon Samstag auf Instagram geschrieben: "Ihr könnt sicher sein, was auch immer mein Mann tun kann, um zur Beendigung des Krieges beizutragen, wird er tun und zwar unabhängig von Ultimaten der SPD oder anderen Organisationen wie etwa dem DFB."
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Ukrainischer Botschafter: "Mir ist davon nichts bekannt"
Von ukrainischer Seite gab es zunächst keinen Kommentar zu der Moskau-Reise Schröders. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagnachmittag: "Mir ist davon nichts bekannt."
Melnyk hatte einen Vermittlungsversuch Schröders allerdings vor einer Woche in einem Interview befürwortet. "Er ist einer der wenigen hier in Deutschland, die womöglich noch einen direkten Draht zu Herrn Putin haben. Es gibt keinen, der so etwas hat in Deutschland und den anderen europäischen Ländern", sagte der Botschafter der "Bild".
Um den dritten Weltkrieg auszulösen, bräuchte es aber keine Atomwaffen. Der Schutz der Flugverbotszone berge „unkalkulierbare Risiken, die einen Flächenbrand für ganz Europa herbeiführten“, so der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth.
Erst eine Äußerung Schröders zum Krieg
Schröder hat sich seit Kriegsbeginn erst einmal öffentlich zu dem russischen Einmarsch in die Ukraine geäußert. Am 24. Februar forderte er im Online-Netzwerk LinkedIn Russland dazu auf, den Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Gleichzeitig betonte er, dass bei notwendigen Sanktionen die politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen zwischen Europa und Russland nicht ganz gekappt werden dürften.
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Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Es gibt Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew. Aktuelle News und Hintergründe zum Krieg im Blog.