Die Schuldenbremse ist laut Kanzleramtsminister Braun in den nächsten Jahren nicht einzuhalten. Er will sie aussetzen - und stößt damit sowohl auf Kritik als auch auf offene Ohren.
Im Finanzplan der Bundesregierung werden wegen der Corona-Pandemie Milliarden Euro fehlen. Folge: Steuern erhöhen, Ausgaben kürzen – oder mehr Schulden machen? Kanzleramtsminister Braun hat nun die „Aufgabe der Schwarzen Null“ ins Gespräch gebracht.
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat angesichts der Belastungen durch die Corona-Krise gefordert, die Schuldenbremse für einen längeren Zeitraum auszusetzen und dafür das Grundgesetz zu ändern. "Die Schuldenbremse ist in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten", schrieb Braun in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt".
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Er sprach sich zugleich dafür aus, die Sozialabgaben "bis Ende 2023 zu stabilisieren und auch auf Steuererhöhungen zu verzichten". Braun wandte sich dagegen, in den kommenden Jahren weiter wie 2020 und 2021 die Ausnahme für Naturkatastrophen zu nutzen.
Das würde ein "Tor zur dauerhaften Aufweichung der Schuldenregel" öffnen, so der Kanzleramtsminister. Denn es sei völlig unklar, wie lange die Pandemie eine Ausnahme von der Regel begründe. Mit der Grundgesetzänderung solle dann ein klares Datum für die Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenregel festgelegt werden, so Braun.
Kritik aus der CDU und CSU
Aus der Union gab es umgehend Kritik an dem Vorstoß. Der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg sagte: "Die Unionsfraktion im Bundestag hält an der Schuldenbremse im Grundgesetz fest. Solide Staatsfinanzen sind für die Unionsfraktion nicht verhandelbar."
Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak verwies auf "solide Haushalte", die nach der Krise so schnell wie möglich wieder erreicht werden müssten.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lobt die Schuldenbremse als "Erfolgsmodell". Brauns Vorschlag, das Grundgesetz entsprechend zu ändern, nannte er "einen Debattenbeitrag" und betonte: "Meine Position ist eine andere."
Auch Söder sieht Schuldenbremse-Vorstoß skeptisch
Die Schuldenbremse auszusetzen wäre ein falsches Signal, mahnt auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. "Wir können die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht auf Dauer mit höheren Schulden oder hohen Steuern lösen."
Söder betonte deshalb, es brauche vielmehr ein schlüssiges wirtschaftspolitisches Konzept. "Deutschland steht für finanzielle Seriosität, dabei sollten wir auch bleiben", so der CDU-Chef.
In der Haushaltsdebatte im Bundestag hat Bundesfinanzminister Scholz die für 2021 geplante hohe Neuverschuldung mit den vorgesehenen Corona-Hilfen verteidigt. Die Schuldenbremse wurde aufgehoben, Kritik an den Maßnahmen kam von der Opposition.
Finanzminister Scholz offen für Brauns Vorschlag
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich indes offen dafür gezeigt, die Schuldenbremse zur Bewältigung der Corona-Pandemie neu zu regeln. Die Wirtschaftsweisen hätten die Idee entwickelt, die Schuldenbremse quasi neu zu starten und damit schrittweise wirken zu lassen. Dies habe Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) in einem "interessanten Gastbeitrag" aufgegriffen, erklärte der Vizekanzler.
Zugleich gab er zu bedenken: "Neben vielen Vorzügen macht dieser Vorschlag hohe gesetzgeberische Eingriffe nötig, die einen breiten parteiübergreifenden Konsens voraussetzen." Da für Grundgesetzänderungen eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig ist, bleibt fraglich, ob Braun mit seinem Vorschlag Erfolg haben wird.