Schweden erlebte an Ostern schwere Ausschreitungen. Nun werden nebulöse Aussagen des Kommandochefs der Polizei heftig diskutiert. Wurden die Angriffe aus dem Ausland orchestriert?
Nach den Krawallen in Schweden vom Wochenende gehen die Ermittler der Frage nach, ob Personen im Ausland zu den Unruhen beigetragen haben.
Das skandinavische Land hatte ein unfriedliches Osterwochenende mit Ansage erlebt - die kam vom dänischen Rechtsextremisten Rasmus Paludan, der seit einigen Jahren auch über die schwedische Staatsangehörigkeit verfügt.
Autos brannten, Polizisten wurden angegriffen, viele Menschen verletzt. Auslöser für die Ausschreitungen waren aus rechtsextremen Kreisen angekündigte Koran-Verbrennungen.
Paludan provoziert schon seit Längerem immer wieder muslimische Gläubige durch öffentliche Verbrennungen des Koran. Schwedens Behörden ließen ihn über Ostern gewähren - wegen des im Land besonders hoch geachteten Rechts der freien Meinungsäußerung.
Nicht immer kam es zur Entzündung eines Korans, manchmal tauchte Paludan auch gar nicht erst auf - trotzdem kam es an mehreren Orten Schwedens zu teils gewalttätigen Unruhen, an denen sich mehrere Hundert vor allem jüngere Menschen beteiligten.
Justizminister distanziert sich von Paludans Aktionen
Schwedens Justizminister Morgan Johansson verteidigte die Entscheidung der Behörden, Paludan nicht am Zündeln mit dem Koran gehindert zu haben:
Zugleich distanzierte er sich von den Aktionen Paludans: Gegenüber TV4 beschreibt der Justizminister den vorbestraften Paludan als eine Art Schläger, der die schwedische Meinungsfreiheit nutze, um Gewalt zu provozieren.
Kritik an Entscheidung der schwedischen Polizei
Das Vorgehen der Polizei wird in Schweden kontrovers diskutiert: Olav Wilske, Jurist an der Universität Uppsala, zweifelt an den Entscheidungskriterien der schwedischen Polizei, die Demonstration Paludans zu erlauben: 2020 war ihm in Malmö verboten worden, was jetzt erlaubt war.
Stefan Holgersson, Polizist und Dozent an der Universität Linköping sagte gegenüber der Tageszeitung Dagens Nyheter, es gebe bei Schwedens Polizei strukturelle Schwierigkeiten, was die Fähigkeit anginge, mit gewalttätigen Ausschreitungen umzugehen.
Polizei: Angriffe aus dem Ausland orchestriert
Schwedens Polizeichef Anders Thornberg sieht seine Kolleg*innen als Hauptangriffsziel - nicht von Paludan, sondern vor allem von in Banden organisierter Krimineller:
Sein Kollege, Obereinsatzleiter Jonas Hysing, sagte in der gleichen Pressekonferenz, man habe Hinweise darauf, dass die Anstiftung zu Angriffen auf die Polizei gezielt aus den Sozialen Medien kam und aus dem Ausland orchestriert worden sei.
Zusammenhang mit geplantem Nato-Beitritt?
Diese recht nebulösen Anschuldigungen werden jetzt in Schweden heftig diskutiert: Stehen sie im Zusammenhang mit der im Herbst anstehenden Parlamentswahl und/oder mit der Diskussion über Schwedens Nato-Beitritt?
Die Behörde zur psychologischen Verteidigung Schwedens ist skeptisch: "Derzeit sehen wir keine unangemessene Desinformationskampagne gegen Schweden", sagt Behördensprecher Mikael Östlund.
Die Tageszeitung Svenska Dagbladet schreibt, sie habe auf Nachfragen von der Polizei keine näheren Informationen zu den Äußerungen von Einsatzleiter Hysing bekommen: Die nationale Einsatzleitung wolle weder seine Äußerungen präzisieren noch klarstellen, welche Personen zur Gewalt aufgerufen hätten und welche Verbindungen man ihnen zum Ausland unterstelle.
Behörde fürchtet weitere Desinformationskampagnen
Die Behörde zur psychologischen Verteidigung wollte allerdings nicht ausschließen, dass es im Zusammenhang mit den Osterunruhen weitere Desinformationskampagnen gegen Schweden geben werde, man könne aber nicht sagen, dass so etwas bislang von einer ausländischen Macht organisiert worden sei.
Bleibt die Frage, wen oder was Polizeieinsatzleiter Hysing mit seinem Hinweis auf fremde Einflussnahme denn im Auge hatte.
Kurzfristig dürfte sich die Lage in Schweden entspannen, denn Rechtsextremist Paludan hat gegenüber dem norwegischen Sender TV2 angekündigt, er wolle zunächst eine Pause machen und seine Auftritte frühestens in einer Woche fortsetzen.
Dann können Schwedens Behörden ja verschärft nach Spuren von Provokateuren aus dem Ausland suchen.