Ukrainischer Geheimdienst meldet Festnahme von prorussischem Oligarchen, Besuch von Steinmeier in Kiew "nicht gewünscht". Was an Tag 48 des Ukraine-Kriegs geschah.
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Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Entwicklungen an Tag 48 im Ukraine-Krieg:
- Die Ukraine hat die Festnahme des prorussischen Oligarchen Viktor Medwedtschuk gemeldet. Der ukrainische Putin-Verbündete Medwedtschuk sei bei einem Sondereinsatz des ukrainischen Geheimdiensts SBU in Gewahrsam genommen worden, teilte Geheimdienstleiter Iwan Bakanow bei Telegram mit. Kurz zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Foto von Medwedtschuk in sozialen Medien veröffentlicht, auf dem dieser Handschellen trägt.
- Rund 870.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind nach Angaben aus Kiew bereits wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt. Derzeit würden 25.000 bis 30.000 Ukrainer täglich zurückkehren, sagte ein Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes. Demnach kommen mittlerweile auch vermehrt Frauen, Kinder und ältere Menschen an.
- Parallel zum Kriegsgeschehen werden die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau fortgesetzt. "Die Gespräche finden äußerst schwer statt. Online in Arbeitsgruppen, doch finden sie statt", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Die Kiewer Seite arbeite dabei weiter transparent und im "proukrainischen" Rahmen. Moskau versuche allerdings, durch öffentliche Äußerungen Druck auf den Verhandlungsprozess auszuüben, sagte Podoljak.
- Eine geplante Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Kiew ist geplatzt, weil er dort offensichtlich nicht willkommen ist. Der polnische Präsident Andrzej Duda habe in den vergangenen Tagen angeregt, dass sie beide zusammen mit den Staatschefs der baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland in die ukrainische Hauptstadt reisen, "um dort ein starkes Zeichen gemeinsamer europäischer Solidarität mit der Ukraine zu senden und zu setzen", sagte Steinmeier in Warschau. "Ich war dazu bereit. Aber offenbar - und ich muss zur Kenntnis nehmen - war das in Kiew nicht gewünscht."
- Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte die planmäßige Fortsetzung des Militäreinsatzes in der Ukraine an. "Unsere Aufgabe ist es, alle gesetzten Ziele zu erfüllen und zu erreichen und dabei die Verluste zu minimieren", sagte Putin bei einer Pressekonferenz mit dem belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko. Die Berichte über ein Massaker an Zivilisten im ukrainischen Ort Butscha bei Kiew bezeichnete Putin als Falschinformationen.
- Selenskyj sprach in einer TV-Rede von möglichen Chemiewaffenangriffen Russlands. Die ukrainische Abgeordnete Iwanna Klympusch hatte ebenfalls auf Twitter erklärt, Russland habe in Mariupol eine "unbekannte Substanz" eingesetzt. Menschen litten an Atemnot.
- Großbritannien versucht derweil, Berichte dieser Art zu verifizieren. "Wir arbeiten dringend mit Partnern zusammen, um die Details zu überprüfen", schrieb Außenministerin Liz Truss auf Twitter. Auch die USA wollen den Berichten nachgehen. Er könne derzeit nichts bestätigen, sagte Außenminister Antony Blinken. Es gebe aber glaubwürdige Informationen darüber, dass russische Streitkräfte in Mariupol Tränengas in Verbindung mit anderen Stoffen benutzen, um gegnerische Kämpfer außer Gefecht zu setzen.
- Die Berichte über einen Chemiewaffeneinsatz in Mariupol seien noch unbestätigt, erklärt Timm Kröger in der Stadt Butscha. Klar scheint nach Einschätzungen unseres Reporters jedoch, dass eine Großoffensive im Donbass in der Ostukraine bevorsteht. "Es gibt mittlerweile Belege dafür und zwar Satellitenaufnahmen, die zeigen, dass es entsprechende Truppenbewegungen gibt."
- Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums zeichne sich im Donbass eine Großoffensive mit Zehntausenden Soldaten und dem massiven Einsatz von Panzern, Artillerie und Luftwaffe ab. Russland habe seine Truppen dort vergangene Woche von 30.000 auf 40.000 Mann aufgestockt, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Montag.
Die Situation in den ukrainischen Städten:
- Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben in der Nacht 32 militärische Objekte in der Ukraine beschossen. Dabei seien unter anderem ein Luftabwehrraketensystem vom Typ Buk-M1 sowie ein Munitionslager und eine Flugzeughalle mit ukrainischer Luftwaffentechnik zerstört worden, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit.
- Ukrainische Rettungskräfte haben sieben Leichen unter den Trümmern zweier zerstörter Wohnhäuser in der Stadt Borodjanka gefunden. Bisher fanden sie laut Angaben der Rettungsdienste die Leichen von 19 Menschen. Auch in einem Keller in einem Vorort der ukrainischen Hauptstadt Kiew, aus dem sich die russische Armee Ende März zurückgezogen hatte, sind nach ukrainischen Angaben sechs Tote entdeckt worden. Die sechs Zivilisten seien erschossen worden, so die Staatsanwaltschaft in Kiew.
Nachdem sich die russische Armee aus den Vororten von Kiew zurückgezogen hat, bergen die Bewohner ihre Toten. Sie sind unter Trümmern verschüttet und verbrannt.
- In Butscha ist die Zahl der nach dem Abzug russischer Truppen gefundenen Leichen weiter gestiegen. "Wir haben 403 Tote, die bestialisch gefoltert, ermordet wurden", sagte Bürgermeister Anatolij Fedorok nach örtlichen Medienberichten. Nach seinen Angaben begann an dem Tag die Exhumierung von Leichen eines zweiten Massengrabes mit 56 Toten.
- Nach Schätzungen des Bürgermeisters von Mariupol sind seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine rund 21.000 Zivilisten in der Hafenstadt getötet worden. Es sei nach dem Beginn der Straßenkämpfe schwierig, die exakte Zahl der Toten zu ermitteln, sagte Wadym Boitschenko im Fernsehen.
Folgen des russischen Angriffs - international und in der Ukraine:
- Die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Europa, Verteidigung und Auswärtiges, Anton Hofreiter (Grüne), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Michael Roth (SPD) sind in der Ukraine eingetroffen. Im Westen des Landes wollen die Parlamentarier Abgeordnete der Kiewer Rada treffen.
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- Der russische Krieg gegen die Ukraine könnte die globale Wirtschaft nach einer Analyse der Welthandelsorganisation (WTO) in diesem Jahr bis zu 1,3 Prozentpunkte Wachstum kosten. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2022 nach Modellrechnungen nur noch um 3,1 bis 3,7 Prozent wachsen, erklärte die WTO in Genf in einer Analyse über die Folgen des Krieges für den Handel.
Das ist an Tag 47 passiert:
Die Ukraine bereitet sich auf eine Offensive Russlands im Osten des Landes vor. Erstmals hat die Bundeswehr mit einem deutschen Airbus A310 MedEvac-Flug kriegsverletzte Ukrainer nach Deutschland ausgeflogen: Lesen Sie hier nach, wie sich die Lage in der Ukraine am Montag entwickelt hat:
- Nehammer pessimistisch nach Treffen mit Putin
"Kein Freundschaftsbesuch" sei der Besuch von Österreichs Kanzler Nehammer bei Putin gewesen. Russland plant weiter eine Offensive. Was an Tag 47 des Ukraine-Kriegs geschah.