Westbalkan: Was passiert zwischen Serbien und Kosovo?

    FAQ

    Konflikt auf dem Westbalkan:Was passiert zwischen Serbien und Kosovo?

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    Der Konflikt ist Jahrzehnte alt und galt bis vor Kurzem als weitgehend beigelegt: Was man über die Spannungen zwischen Serbien und Kosovo wissen muss.

    Gesperrte Grenzübergänge, von Militanten hochgezogene Barrikaden, Truppen in Alarmbereitschaft: Die Situation zwischen Serbien und Kosovo ist derzeit so angespannt wie schon lange nicht mehr. Dabei hatten sich die Regierungen beider Länder in den vergangenen Jahren Stück für Stück angenähert. Droht in Europas jüngstem Staat nun ein neuer bewaffneter Konflikt? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

    Was ist gerade in der Grenzregion los?

    Kosovos Führung in Pristina hat am Mittwoch den wichtigsten Grenzübergang nach Serbien nahe der Stadt Podujevo gesperrt. Der Schritt erfolgte, nachdem serbische Militante zuvor die Zufahrt auf der serbischen Seite der Grenze blockiert hatten. Wie Medien in Belgrad berichteten, wurden nahe der serbischen Ortschaft Merdare Lastwagen auf der Straße quergestellt, die zum Grenzübergang führt.
    Es war bereits der dritte Grenzübergang, der vorübergehend geschlossen werden musste. Schon vor fast drei Wochen hatten serbische Militante im Norden des Kosovos an den Straßen zu den Übergängen Brnjak und Jarinje Barrikaden errichtet.
    Auch an anderen Stellen in dem mehrheitlich von ethnischen Serben bewohnten Nord-Kosovo haben Militante inzwischen Straßen blockiert. Die Aktionen genießen die Unterstützung des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic.
    Am Sonntagabend fielen Schüsse in der Stadt Zubin Potok im Norden des Kosovo, wo Serben zuletzt Straßenblockaden errichtet hatten. Verletzt worden sei aber niemand, berichteten die vor Ort eingesetzten Nato-Truppen.
    Zu Wochenbeginn hatte der serbische Präsident Vucic die serbische Armee und Polizei in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

    Wie kam es zu der jüngsten Zuspitzung im Konflikt zwischen Serbien und Kosovo?

    Die Spannungen hatten sich ursprünglich daran entzündet, dass die Regierung in Pristina die alten serbischen Kfz-Kennzeichen für ungültig erklärte, mit denen die meisten Bewohner im Norden Kosovos bis heute fahren. Auf Druck westlicher Botschaften setzte der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti die Umsetzung der entsprechenden Verordnung aus.
    Vordergründig richten sich die Blockaden der Serben gegen die Verhaftung eines serbischstämmigen ehemaligen Beamten der Kosovo-Polizei, der am Mittwoch überraschend in den Hausarrest entlassen wurde. Nach Darstellung der kosovarischen Behörden soll er Angriffe auf Beamte der Wahlkommission angeführt haben.

    Was ist der Auslöser des Serbien-Kosovo-Konflikts?

    Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo gehörte früher zu Serbien und ist seit 2008 unabhängig. Seitdem ist Kosovo der jüngste Staat in Europa. Serbien beansprucht das Territorium des Landes für sich.
    Das Gebiet nördlich der geteilten Stadt Mitrovica am Fluss Ibar ist nahezu ausschließlich von ethnischen Serben bewohnt und grenzt direkt an Serbien. Der serbische Präsident Vucic ermuntert die Bewohner des Gebiets dazu, die Oberhoheit des kosovarischen Staates nicht anzuerkennen.

    Warum sind Nato-Truppen in Kosovo stationiert?

    Serbische Sicherheitskräfte hatten im Krieg gegen die kosovarische Aufstandsmiliz UCK in den Jahren 1998 und 1999 Zivilisten getötet und vertrieben. Die Nato griff daher im März 1999 ein und bombardierte das damalige Rest-Jugoslawien (Serbien und Montenegro).
    Die serbischen Sicherheitskräfte und die serbische Verwaltung mussten sich aus dem Kosovo zurückziehen. Bis zur Unabhängigkeitserklärung 2008 wurde das Land von der UN-Mission Unmik verwaltet.
    Vor zwei Wochen verlangte der serbische Präsident Vucic, dass das serbische Militär in den Kosovo zurückkehren solle.
    Dies müsste aber vom Kommando der knapp 4.000 Mann starken Nato-geführten Schutztruppe KFOR genehmigt werden, die im Kosovo stationiert ist. Vucic beantragte die Genehmigung. Es gilt aber als ausgeschlossen, dass er sie erhält.

    Was sagt die Europäische Union zu den Entwicklungen?

    Die USA und die EU zeigten sich angesichts der angespannten Lage besorgt. "Wir rufen alle Beteiligten auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben", teilten der Auswärtige Dienst der EU (EEAS) sowie das US-Außenministerium mit.
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    Es sollten unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um die Situation zu deeskalieren und von Provokationen, Drohungen oder Einschüchterungen sollte Abstand genommen werden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. Man arbeite mit Präsident Vucic und Premierminister Kurti an einer politischen Lösung.

    Was hat Russland mit dem Konflikt zwischen Serbien und Kosovo zu tun?

    Russland hat Serbien seine Unterstützung in dem Konflikt zugesichert. "Wir haben sehr enge Beziehungen als Verbündete mit Serbien, historische und spirituelle", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. "Wir unterstützen Belgrad bei all seinen Maßnahmen, die ergriffen werden." Russland verfolge sehr aufmerksam, was im Kosovo passiere "und wie die Rechte der Serben (dort) gewahrt werden", fügte Peskow hinzu.
    Quelle: dpa, AFP
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