Die EU-Kommission will den Einfluss von Google, Facebook & Co. begrenzen. Doch die Unternehmen setzen Millionen ein im Lobbykampf gegen schärfere Gesetze.
Warum soziale Medien unsere Gesellschaft bedrohen
Jeder Deutsche verbringt täglich rund 3,5 Stunden im Netz, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind es sogar 6,5 Stunden. Während der Pandemie sind die Zahlen noch weiter angestiegen.
Soziale Medien sind aus dem Alltag also kaum mehr wegzudenken. Zur Informationssuche und zum Meinungsaustausch einerseits. Andererseits sammeln die Digitalkonzerne unzählige Daten, um Geschäfte zu machen. Und sie stören sich offenbar wenig daran, dass "Fake News", Hass und Hetze immer mehr zunehmen.
EU will Digitalkonzerne zu Verantwortung ziehen
Dagegen will die EU-Kommission vorgehen. Im Dezember 2020 hat sie mit dem "Digtal Services Act" und dem "Digital Markets Act" zwei Verordnungsentwürfe präsentiert, mit denen Google, Facebook und Co. stärker in die Verantwortung genommen werden sollen. Sie sollen verpflichtet werden, gegen Hass und Hetze im Netz vorzugehen.
Außerdem will die EU die Übermacht der Internetkonzerne aus Kalifornien begrenzen und unter anderem verbieten, dass Google und Co. ihre eigenen Produkte im Netz bevorzugen. Mehr Transparenz bei der Werbung soll zur Pflicht werden. Und Nutzer sollen vorinstallierte Software von ihren Geräten entfernen dürfen. All das kann die Konzerne Milliarden kosten.
Konzerne setzen auf Lobbyarbeit
Um das zu verhindern, investieren die Internetunternehmen sehr viel Geld in politische Lobbyarbeit, vor allem in Brüssel. Das berichtet Felix Duffy, Sprecher von LobbyControl, im "Frontal 21"-Interview.
Google gebe mit knapp sechs Millionen Euro das meiste Geld aus für die Beeinflussung von Abgeordneten oder anderen Vertreterinnen und Vertretern offizieller Stellen. Etwa die Hälfte aller Google-Lobbyisten in Brüssel sei zuvor im EU-Parlament tätig gewesen.
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Irland in der Pflicht
Seit Mai 2018 ist die irische Datenschutzbehörde DPC zuständig für grenzüberschreitende Verfahren gegen die Internet-Unternehmen und zugleich Anlaufstelle für Beschwerden von rund 450 Millionen EU-Bürgern. Grund dafür gibt es immer wieder. Jüngstes Beispiel: Im April wurde bekannt, dass Millionen Daten von Facebook-Nutzern gehackt wurden.
Geringe Geldstrafen für Google, Facebook und Co.
Doch bisher verhängten die irischen Datenschützer der DCP vergleichsweise geringe Geldstrafen gegen die milliardenschweren Konzerne. Ende 2020 musste Twitter 450.000 Euro zahlen. Der Konzern ist an der Börse derzeit mehr als 44 Milliarden Dollar wert. Behördenchefin Helen Dixon verteidigt ihre Entscheidungen gegenüber Frontal 21:
Zwar sollten Geldstrafen auch abschrecken, aber es müsse auch effektiv sein, so die Datenschutzbeauftragte.
Klagen gegen die DCP
Gerard Rudden überzeugt das wenig. Der Anwalt aus Dublin vertritt Menschen, die von Facebook, Google und Co. wissen wollen, welche Daten die Konzerne über sie gesammelt haben. Regelmäßig müsse er gegen die irische Datenschutzbehörde klagen, damit diese überhaupt einschreite.
Er zog damit bis vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. "Wenn es keine Strafverfolgung und keine Konsequenzen gibt, wenn man das Gesetz bricht, sich nicht an die Gesetze hält, dann nehme ich an, dass sie denken, sie stünden über dem Gesetz."