Nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein beginnen die Sondierungen. Neben der Fortsetzung der Jamaika-Koalition hat die CDU von Wahlsieger Daniel Günther noch weitere Optionen.
Der Wahlkreis im Kieler Osten galt jahrzehntelang als sichere Bank für die SPD. Noch nie hatte eine andere Partei dort das Direktmandat geholt - bis zum 8. Mai 2022. Bei der Landtagswahl gewann die 34-jährige Seyran Papo, CDU-Abgeordnete mit Migrationshintergrund, den Wahlkreis.
Es war eine der ganz großen Überraschungen bei der Landtagswahl und steht symbolhaft für den Triumph der Nord-CDU und von Daniel Günther. Der Ministerpräsident hatte Seyran Papo vor Ort massiv unterstützt und sie steht für das neue Profil der CDU, ganz so, wie es sich Daniel Günther vorstellt: weiblich und jung.
Großer Rückhalt für Günther
Wir treffen Seyran Papo in einem Café im Multi-Kulti-Stadtteil Gaarden von Kiel. Papo spricht fließend Türkisch und Kurdisch, versteht auch Arabisch. Sie unterhält sich mit den Leuten nach ihrem Wahlerfolg, viele gratulieren ihr, andere nehmen sie in den Arm. Eine von ihnen, sagt der Cafébesitzer, die es in die große Politik geschafft hat.
- Günther will Jamaika in Kiel fortsetzen
Ihm hätte auch ein einziger Koalitionspartner die Mehrheit im Landtag gebracht. Doch Ministerpräsident Daniel Günther will die Jamaika-Koalition in Kiel fortsetzen.
Wie fast alle an der CDU-Basis unterstützt sie den Kurs von Daniel Günther. Als der auf einem kleinen Parteitag in Kiel vergangene Woche ankündigte, in den Sondierungen auf Jamaika zu setzen, gab es keine Gegenstimme. Die Nord-CDU, die komplette Basis, steht hinter Günther, sagt Papo.
Auch um den Preis, sagt sie, dass es im Landtag dann nur eine sehr kleine Opposition gebe.
Grüne: Wählerwille "eindeutig"
Letzteres ist für viele Grüne im Norden ein echtes Problem, etwa für Lasse Petersdotter, einer der vier aus der Partei, der nun mit sondiert. Der Bildungsexperte ist skeptisch, was eine Neuauflage von Jamaika angeht.
Und so erwartet Petersdotter am Ende der Sondierungen, dass sich Günther doch für eine der beiden Parteien, aus einer Sicht für die Grünen, entscheidet.
Gelassenheit bei der FDP
Das sieht auch der Kieler Politologe Wilhelm Knelangen so. Günther versuche erst einmal, zwischen den drei Parteien, die fünf Jahre erfolgreich zusammengearbeitet hätten, zu moderieren. Er entscheide nicht sofort, sondern warte ab, bis vielleicht eine der beiden kleineren Parteien aus der Sondierung aussteigt. Dann könne er sagen, er habe die Fortsetzung von Jamaika ja immer gewollt, aber andere hätten es eben nicht gewollt.
Wer mit wem? Das ist die große Frage in diesen Tagen im politischen Kiel. Man gibt sich eher zurückhaltend auf Seiten der Parteien, nur wenige äußern sich vor den Sondierungen. Wie Heiner Garg von der FDP, Landesvorsitzender und Gesundheitsminister - unterm Strich erfolgreicher Krisenmanager während der Corona-Pamdemie. Garg gibt sich betont gelassen.
Das schwache Abschneiden seiner Partei bei der Wahl bedauert er. Den Erfolg von Jamaika hätten die Wählerinnen und Wähler bei der CDU eingezahlt. So sei Politik eben manchmal. Auch ungerecht.
Erst Grüne, dann FDP
Zuerst will Daniel Günther am Dienstag mit den Grünen reden, ab 15 Uhr dann mit der FDP. Lasse Petersdotter erwartet ein schnelles Ende der Beratungen. Am Samstag gebe es einen Parteitag der Grünen - vielleicht schon mit Ergebnissen? CDU und FDP lassen sich, was den Zeitplan angeht, nicht in die Karten schauen. Abwarten heißt die Devise.
Wie so oft nach Wahlen ist es spannend im Norden, diesmal nicht wegen eines knappen Wahlausgangs, sondern weil Daniel Günther nach seinem Triumph am 8. Mai schlicht die Qual der Wahlen hat.
- Wahl in Schleswig-Holstein
Der Amtsinhaber in Schleswig-Holstein, Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), ist der Sieger dieser Landtagswahl. Aktuelle Nachrichten, Daten und Hintergrün...