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99 Prozent für Koalitionsvertrag : Vier Gründe für die neue Harmonie in der SPD

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98,8 Prozent Zustimmung zum Ampel-Koalitonsvertrag - das Ende der Koalition mit der Union scheint in der SPD interne Spannungen zu beenden. Vier Gründe für die neue Partei-Einheit:

Als in den vergangenen Tagen viele SPD-Ortsverbände über den Ampel-Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP diskutierten, wunderten sich Spitzenpolitiker über das Ausmaß an positiver Resonanz. "Die Zustimmung war übergroß", sagte etwa SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Andere Politiker berichteten von ähnlichen Reaktionen.

Dass der SPD-Sonderparteitag dem Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP mit der sehr großen Mehrheit von 98,8 Prozent zustimmte, war deshalb keine Überraschung mehr. Die über lange Jahre eher zerstrittenen Sozialdemokraten präsentieren sich im Dezember 2021 als neue Harmonie-Maschine.

Die neue Einheit hat dabei vor allem vier Gründe:

1. Das Ende der Groko

Miersch nennt einen entscheidenden Grund für die Zustimmung auch an der Basis:

Die Erleichterung über das Ende der Großen Koalition ist überwältigend.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch

Tatsächlich wurde in den Rede-Beiträgen auf dem Parteitag immer wieder betont, welche Zumutung die vergangenen vier Jahre in dem Notbündnis mit der Union für viele Sozialdemokraten gewesen seien.

Das Ende der Koalition mit CDU und CSU nimmt mit einem Schlag Druck aus der parteiinternen Debatte, in der sich etwa der frühere Jusos-Chef Kevin Kühnert als Gegner der Großen Koalition positioniert hatte.

2. Status als neue Kanzlerpartei beruhigt SPD

Dazu kommt das Gefühl, dass sich die SPD nach 16 Jahren CDU-Regierung unter Angela Merkel nun wieder zur Kanzlerpartei wandelt. Die Aussicht auf die Besetzung des Kanzleramtes hat auch in den Koalitionsverhandlungen für die SPD-Unterhändler nach Angaben aus Parteikreisen viel Spannung herausgenommen.

Hatte die SPD früher der Union vorgeworfen, ein "Kanzlerwahlverein" zu sein, so rückte man in den vergangenen Wochen die Kanzlerwahl von Olaf Scholz in den alles überragenden Vordergrund - was Kompromisse mit der FDP offenbar verschmerzen lässt.

Scholz selbst betonte in seiner 28-minütigen Rede auf dem Parteitag, dass Land und SPD nun vor einem Aufbruch wie 1969 und 1998 stünden - und das nicht nur für vier Jahre. Auch dieser Hinweis wirkt disziplinierend, um weder in Flügelkämpfe noch in ein FDP-Bashing zu verfallen. Der pure Erfolg eint Parteien.

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz wirbt bei den SPD-Mitgliedern um Zustimmung zum Koalitionsvertrag.

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27 min
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3. Inhaltliche Versöhnung in der SPD

Der Fraktionschef der SPD im bayerischen Landtag, Florian von Brunn, verwies zudem auf die in den vergangenen Jahren erreichte inhaltliche Aussöhnung der Partei. Das nun vereinbarte Bürgergeld sei die "Überwindung von Hartz IV", sagte er in Anspielung auf die erbitterten parteiinternen Schlachten um die vom SPD-Kanzler Gerhard Schröder beschlossene Agenda 2010.

Der Riss über den richtigen Kurs in der Sozialpolitik ist zumindest für den Moment gekittet, auch wenn Juso-Chefin Jessica Rosenthal am Samstag mehr "Umverteilung" einforderte. Aber mit den Forderungen wie dem Bürgergeld, der Kindergrundsicherung und der Erhöhung des Mindestlohns sind nach Einschätzung aus Parteikreisen die Flügelkämpfe zumindest für den Moment beendet.

4. Die Achse Klingbeil-Kühnert

Aber es gibt laut Parteikreisen noch einen anderen stabilisierenden Faktor: die Machtverteilung unter SPD-Politikern seit 2019. Damals hatte Kühnert maßgeblich dazu beigetragen, dass Scholz kein Parteichef wurde. Danach entwickelte sich eine interparteiliche Balance einer eher "linken" Parteiführung mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit dem "realpolitischen" Vizekanzler Scholz in der Regierung.

In der zweiten Reihe wirkte zudem ein flügelüberspannendes Duo, das nun in die erste Reihe rückt: Der bisherige Generalsekretär Lars Klingbeil soll kommenden Samstag zum Co-Parteichef gewählt werden, der einstige Rebell Kühnert zum Generalsekretär. Ihr gutes Verhältnis zueinander hat bereits in der Vergangenheit für einen innerparteilichen Ausgleich gesorgt.

Kühnert achte darauf, dass die SPD als eigenständiger Akteur sichtbar bleibe und durchaus erwarteter Unmut etwa über den neuen Partner FDP auch ein Ventil bekomme. Schon auf dem Jusos-Bundeskongress hatte er gemahnt, dass es bei aller gewünschter Harmonie in der Ampel auch ein "Kontroversitätsgebot" gebe.

Lesen Sie alle aktuellen Entwicklungen rund um die Ampel-Koalition in unserem Liveblog:

Pressekonferenz zum Koalitions-Vertrag
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Newsticker zur Ampel-Koalition - Scholz folgt auf Merkel - alle Entwicklungen 

Die erste Ampel-Koalition im Bund regiert: Olaf Scholz und seine Regierung haben feierlich den Eid geleistet. Aktuelle Nachrichten, Reaktionen und Hintergründe hier im Liveticker.

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