Kevin Kühnert: Entscheidung über Panzer "nicht in Talkshows"
Kühnert-Kritik an Ampel-Kollegen:Entscheidung über Panzer "nicht in Talkshows"
von Dominik Rzepka
18.09.2022 | 17:43
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Prominente Ampel-Vertreter fordern Panzer für Kiew. SPD-Generalsekretär Kühnert ist davon genervt. Solche Entscheidungen würden nicht in Talkshows getroffen, sagt er im ZDF.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert ist sichtlich genervt von den eigenen Leuten in der Ampel-Koalition. In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" kriegen das jetzt FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Grünen-Politiker Anton Hofreiter und SPD-Außenexperte Michael Roth ab. Alle drei treiben die eigene Koalition vor sich her, fordern zum Beispiel Panzer für die Ukraine.
Diese Personen fielen "auffällig oft" dadurch auf, "dass sie nicht die Positionen ihrer jeweiligen Parteien und auch nicht der Bundesregierung vertreten", sagt Kühnert. Vor allem die Präsenz der Ampel-Kritiker im Fernsehen geht ihm erkennbar gegen den Strich, zwischen den Zeilen schwingt der Vorwurf der Selbstdarstellung mit:
Entscheidungen dieser Art werden nicht in Talkshows, Fernsehsendungen oder sonstwo auf dem öffentlichen Parkett getroffen.
Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär
Kühnert ist sauer auf SPD-Mann Roth
Kühnert ärgert insbesondere der Auftritt von Michael Roth. Der SPD-Mann sitzt dem Ausschuss für Auswärtiges im Bundestag vor. Am Freitag hatte Roth gefordert, Deutschland müsse gemeinsam mit anderen europäischen Partnern Panzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine liefern. Die Lieferung aus einem gemeinsamen Kontingent sei sicherlich kein Alleingang.
In Europa haben 13 Staaten zusammen rund 2.000 Leopard-Panzer. Aus diesen Beständen könnte man der Ukraine ein Kontingent zur Verfügung stellen, sagt Michael Roth (SPD) im ZDF.16.09.2022 | 0:45 min
Das sei doch nichts Neues, sagt Kühnert. Über diesen Vorschlag werde schon längst "in Fachkreisen" gesprochen. Will sagen: Andere diskutieren das nicht im Fernsehen, sondern diskreter und vertraulicher.
Und dann redet sich Kühnert in Rage: "Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, dass nur noch ein paar nützliche Tipps gefehlt haben, um zu einer klugen Entscheidung zu kommen." Er sagt:
Es handelt sich um komplexe, hoch sicherheitsrelevante Vorgänge, über die wir im Moment sprechen, und die sollten wir nicht, indem wir uns O-Töne im Fernsehen zuspielen, auf politischer Ebene entscheiden.
Kevin Kühnert über SPD-Politiker Michael Roth
Melnyk geht Scholz frontal an
Neben Kühnert hatten zuvor auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und SPD-Chefin Saskia Esken erklärt, Deutschland dürfe bei Waffenlieferungen "keine Alleingänge" unternehmen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) setzt sich ab von diesem Wording, sie fordert schnelle Entscheidungen über weitere Hilfen.
Die Debatte wird zunehmend schärfer geführt. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, geht den Kanzler frontal an. Scholz habe sich festgelegt, "keine Leoparde an die ausblutende Ukraine zu liefern". In dieser Frage aber müsse Scholz unbedingt umdenken. Melnyk sagt in Richtung Kanzler:
Ich weiß, dass Sie ungern Ihre Meinung ändern. Trotzdem bitte ich Sie: es ist nie zu spät, das Richtige zu tun und den wohl größten Fehler Ihrer Amtszeit zu vermeiden.
Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland