Norbert Walter-Borjans stärkt bei "Markus Lanz" dem SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz den Rücken - einen Konflikt durch Scholz‘ Rolle in der Agenda 2010 sieht er nicht.
Obwohl Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken Olaf Scholz im Rennen um den SPD-Parteivorsitz 2019 überholten, arbeiten sie nun eng mit ihm zusammen, machten ihn sogar zum Kanzlerkandidaten. Eine Tatsache, die "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann bei Markus Lanz am Mittwochabend als Absurdität bezeichnete.
Walter-Borjans stellt sich hinter Scholz
Kritik, wie diese ist Walter-Borjans nicht unbekannt. Schon früher haben der ehemalige NRW-Finanzminister und Scholz gegensätzliche Positionen vertreten, etwa wenn es um die schwarze Null ging. Nun stellt sich der SPD-Chef hinter seinen Kandidaten:
Das gemeinsame Wahlprogramm sei ein Papier, das beide Positionen, die des SPD-Vorsitzes und des Kanzlerkandidaten, beinhalte. Dabei sah sich Walter-Borjans keineswegs am Spielfeldrand. Ihm und Esken sei es als Parteispitze gelungen, die Partei inhaltlich fortzuentwickeln. Scholz sei nun der richtige Mann, um die Inhalte in die praktische Politik zu übersetzen.
Hat die SPD ein Glaubwürdigkeitsproblem?
Olaf Scholz als Anwalt für Arbeitsrecht und Generalsekretär der SPD in der Regierung Schröder zählt zu den "Architekten" der Agenda 2010, von der sich die SPD in ihrem Wahlprogramm nun distanziert. Für Walter-Borjans kein Widerspruch:
Seit der Umsetzung steht die Agenda 2010 unter scharfer Kritik, zum Beispiel für den Wegfall des Berufsschutzes, durch den Arbeitslose einen anderen oder schlechter bezahlten Beruf ergreifen müssen, um Sanktionen zu entgehen. Der Gegenvorschlag zur Hartz-IV-Grundsicherung der SPD sei das Bürgergeld. Es gehe um eine stärker am Gemeinwohl orientierte Wirtschaft, so Walter-Borjans.
Melanie Amann konstatierte, dass sich Kanzlerkandidat Scholz beim Wahlprogramm auch im Bereich Finanzen deutlicher verbiegen müsse als bei früheren Positionen. Das schädige die Glaubwürdigkeit.
Überschneidungen mit Grünen beim Klimaschutz
Eingang in das Wahlprogramm fand auch der Klimaschutz. Hier zeigten sich markante Überschneidungen mit den Grünen, einem wichtigen Partner für die SPD in den Bereichen Klimaneutralität bis 2050 und einem Tempolimit auf Autobahnen.
Walter-Bojans erklärtes Ziel sei, die CDU/CSU damit in die Opposition zu drängen:
Daher sieht Walter-Borjans es als beste Option, federführend eine Dreier-Koalition anzuleiten. Wie er diesen Führungsanspruch in Anbetracht von Umfragewerten bei ca. drei bis vier Prozentpunkten hinter den Grünen verteidigen will, blieb offen. Positionen wie das Tempolimit könnten es zudem auch einer Ampel-Koalition mit der FDP schwermachen.
Walter-Borjans: Absage an Vermögensabgabe
Einer Vermögensabgabe, wie sie die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow vorige Woche bei "Markus Lanz" forderte, erteilte Walter-Borjans eine klare Absage. Stattdessen sollen Unternehmen zur Kasse gebeten werden, die sich bisher ihren Pflichten entzögen.
Zu welcher Koalition er denn nun tendiere, wollte der SPD-Vorsitzende nicht direkt sagen. Dennoch hätten gerade FDP und Linke überraschend viele Übereinstimmungen. Letztendlich bräuchte es verlässliche Partner, die Investitionen in Digitalisierung und Bildung mittätigen.