Der Ölpreis fällt aktuell wieder - nur beim Tanken merkt man das noch nicht. Würde der von der FDP vorgeschlagene Tank-Rabatt helfen? Ein Überblick.
Ausgerechnet von der FDP, der Partei, die für den freien Markt einsteht, kommt einer der umstrittensten Vorschläge der letzten Jahrzehnte: Mit einem Preisnachlass direkt an der Tankstellenkasse soll künftig der Preis wieder unter zwei Euro pro Liter fallen. Egal ob Besser- oder Geringverdiener: Jeder soll entlastet werden.
Für diese Idee gibt es allerdings starken Gegenwind. Warum?
Warum Ökonomen scharfe Kritik am Tank-Rabatt üben
Während der auf 270 Euro erhöhte Heizkostenzuschuss gezielt die ärmeren Haushalte unterstützt, ist ein Tank-Rabatt eher das Subventionsmodell "Gießkanne". Der Ökonom Jens Südekum fasst es so zusammen - und das sogar als Berater der Bundesregierung:
Südekum ist nicht der einzige, der in einer solchen Deckelung des Spritpreises auch eine finanzielle Unterstützung von reichen SUV- oder Sportwagen-Fahrern sieht. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht von einem "ökologisch und ökonomisch unsinnigen" Vorschlag, der zudem "enorm teuer und sozial ungerecht" sei.
Und auch aus den eigenen Reihen der Koalition kommt Kritik: Grünen-Finanzminister Danyal Bayaz aus Baden-Württemberg hält einen Tank-Rabatt für eine "Fehlentscheidung". Der Staat könne nicht jede Preissteigerung kompensieren.
Welche Vorteile Finanzminister Lindner in Tank-Rabatten sieht
Tatsächlich hat der Bundesfinanzminister selbst die Kosten für eine dreimonatige Maßnahme mit 6,6 Milliarden Euro beziffert. Die Vorteile, die Lindner dabei sieht: Ein Zuschuss sei effektiver als Steuersenkungen, zudem schneller umsetzbar und es seien höhere Rabatte möglich. Lindner geht davon aus, dass die Spritpreise um 40 Cent pro Liter fallen könnten.
Ein Pferdefuß dabei: Während dem Kunden beim Bezahlen direkt der Rabatt unbürokratisch abgezogen würde, befürchten Tankstellenbetreiber ein neues "Bürokratiemonster". Denn sie müssten sich den rabattierten Betrag für jeden einzelnen Kunden vom Staat zurückholen.
Warum Einkommenstransfers sinnvoller wären
Für Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel geht der Vorschlag von der FDP ebenfalls in die falsche Richtung. Zum einen wird aus seiner Sicht "in dem Moment, wo es einen Rabatt gibt, die Nachfrage nicht sinken, sondern befeuert." Zum anderen wäre es "ökologisch nicht sinnvoll, auch die Sonntagsfahrt ins Grüne zu subventionieren."
Sinnvoller aus seiner Sicht: sogenannte Einkommenstransfers. Finanzämter wüssten genau, wie viele Kilometer ein Pendler im Jahr zuvor gefahren wäre. Eine an diese gefahrenen Strecken angelehnte Transferzahlung sei ein gezieltes Instrument, um die zu entlasten, die ihren Pkw wirklich berufsbezogen nutzen müssten.
Vergessen dürfe man auch nicht, dass die gesamtgesellschaftlichen Kosten durch einen Tank-Rabatt nicht weniger würden. Die Kosten würden ja beim Staat entstehen. Und der Staat seien letztlich wir alle.
Das Kabinett hat den Budgetplan für 2022 gebilligt.
Spritpreise bleiben hoch
Egal was die Koalition auch entscheiden wird. Die Spritpreise bleiben hoch - und das, obwohl der Ölpreis aktuell wieder sinkt.
Tanken ist in Deutschland - gemessen an absoluten Preisen - so teuer wie nie. Unser Video zeigt, wie sich die Preise von Diesel und E10 in den vergangenen fünf Jahren entwickelt haben: