Drei Monate kostengünstig Bus und Bahn fahren: So will die Ampel die hohen Spritpreise abfedern. Die Länder sind skeptisch, ob das machbar ist. Ein klares Nein gibt es aber nicht.
90 Tage lang für neun Euro im Monat öffentliche Busse und Bahnen nutzen, also für insgesamt 27 Euro - der überraschende Vorstoß der Regierungskoalition dürfte sich vor allem für Fahrgäste toll anhören. Doch bei den Ländern sorgte die Idee zunächst für Irritationen: Wie soll das bundesweit einheitliche Angebot auf die Schnelle in dem komplexen ÖPNV-Geflecht aus Tarifregelungen, Verbundgrenzen, finanziellen und regionalen Zuständigkeiten umgesetzt werden? Und wer soll das bezahlen?
Wissing hat konkrete Pläne
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erläuterte im Anschluss an die Sonderkonferenz der Verkehrsminister von Bund und Ländern an diesem Freitag erste Details:
- Die günstigeren Tickets sollen ausschließlich online verkauft werden, um den administrativen Aufwand niedrig zu halten.
- Auch Fahrgäste, die bereits ein Abo haben, sollen von der Vergünstigung profitieren. Die Kosten für Abos würden dann nicht abgebucht - oder erstattet.
Wissing sprach von Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern erstatte. Wenn mehr Geld notwendig sei, werde sich der Bund nicht verweigern. Nun sollen Bund und Länder so schnell wie möglich in einer Arbeitsgruppe die konkrete Umsetzung voranbringen.
Länder wollen lieber Nulltarif
Die Länder haben vor allem Bedenken bezüglich des bürokratischen Aufwands und gaben eine eigene Empfehlung ab: Statt Neun-Euro-Tickets solle ein dreimonatiger Nulltarif eingeführt werden. So könne der administrative Aufwand für die Verkehrsverbünde niedrig gehalten werden.
Der Bundesverkehrsminister wies die Idee zurück. Mit einem Neun-Euro-Ticket ließe sich die Nachfrage von Kundinnen und Kunden deutlich besser nachvollziehen als bei einem Nulltarif.
Im Anschluss an die Sitzung machten einige Ressortchefs ihrem Unmut Luft. Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann betonte etwa, der Vorstoß der Koalition werde dem Problem nicht gerecht. Auch im Sinne des Klimas bleibe der Bund in der Pflicht, sich mehr für die Attraktivität des ÖPNV einzubringen. Dazu brauche es mehr Fahrzeuge, mehr Linien und mehr individuelle Angebote gerade auch für den ländlichen Raum.
Unionsländer: Pendler bleiben außen vor
Auch die unionsgeführten Bundesländer übten grundsätzliche Kritik an dem Vorstoß. Die Idee sei ein "Schnellschuss", ein "Lockangebot", sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Die Pendler müssten auch mehr entlastet werden. Wünschenswert wären etwa Änderungen bei der Kfz-Steuer, generell sei in der Frage "das letzte Wort noch nicht gesprochen".
Der Kampf ums Klima auf dem Land.
Trotz der Skepsis aus den Ländern gab sich Bundesminister Wissing zuversichtlich, dass die Arbeitsgruppe nun schnell zu Ergebnissen kommen könnte. Ein Start der günstigen Monats-Tickets zum 1. Mai sei eine "nicht unrealistische Option".
ÖPNV optimistisch
Auch die Verkehrsbranche geht intern davon aus, dass die Umsetzung bis dahin machbar ist. Die Verkehrsunternehmen und Verbünde würden sich "jetzt unmittelbar an die Realisierung des Angebots begeben", teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mit. Für Fahrgäste und Abo-Inhaber heißt das zunächst: weiter abwarten.