Demonstranten in Sri Lanka haben den Amtssitz des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa gestürmt. Daraufhin kündigten der Präsident und der Premierminister ihren Rücktritt an.
Als Konsequenz aus den Massenprotesten in Sri Lanka hat Präsident, Gotabaya Rajapaksa, seinen Rücktritt zum 13. Juli angekündigt. Das teilte Parlamentssprecher Mahinda Yapa Abeywardena am Samstag mit. Der Präsident benötige Zeit, um eine geordnete Machtübergabe zu sichern.
Zuvor hatten Demonstrierende seinen Amtssitz in der Hauptstadt Colombo gestürmt. Der Staatschef des südasiatischen Landes sei zuvor in Sicherheit gebracht worden, hieß es am Samstag aus dem Präsidentenbüro. Mindestens 50 Menschen seien verletzt worden, sagte ein Krankenhaussprecher.
Der sri-lankische Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe kündigte ebenfalls seinen Rücktritt an. Er werde sein Amt abgeben, wenn alle Parteien der Bildung einer neuen Regierung zugestimmt hätten, sagte Wickremesinghes Sprecher Dinouk Colambage. Zuvor hatten die Führer der Parteien den Rücktritt von Wickremesinghe und Staatspräsident Gotobaja Rajapaksa verlangt.
Demonstranten machen Regierung für Wirtschaftskrise verantwortlich
Zehntausende Menschen versammelten sich in der Stadt, um den Rücktritt Rajapaksas und der Regierung zu fordern, die sie für die Krise verantwortlich machen. Medien schätzten die Zahl der Demonstranten auf etwa 100.000.
Die Polizei setzte Tränengas ein, Soldaten gaben Warnschüsse in die Luft ab, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Dennoch gelang es zahlreichen Menschen, die Absperrungen zu durchbrechen. Etwa eine Stunde nach der Erstürmung des Präsidentenpalastes drangen Demonstranten auch in das nahe gelegene Präsidialamt ein, wie es in Berichten weiter hieß.
Auf Live-Videos in Onlinenetzwerken war zu sehen, dass einige sogar im Swimmingpool des Präsidenten planschten und es sich lachend in den Schlafzimmern des Palasts gemütlich machten. Am späten Abend setzten Demonstranten die Residenz von Premier Wickremesinghe in Brand, wie die Polizei berichtete. Dieser habe sich aber nicht in dem Gebäude aufgehalten.
Treibstoff und Medikamente fehlen in Sri Lanka
Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern erlebt derzeit seine schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Ein Grund dafür ist, dass der für Sri Lanka wichtige Tourismus im Zuge der Corona-Pandemie zusammengebrochen ist. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter wie Treibstoff oder Medikamente zu importieren. Vor Tankstellen gibt es regelmäßig lange Schlangen. Am Freitag hatte die Regierung versprochen, die Versorgung mit Treibstoff zu verbessern.
Die Regierung hat unter anderem den Internationalen Währungsfonds sowie mehrere Länder, etwa Indien, China und Russland, um Hilfe gebeten. Das UN-Nothilfebüro (OCHA) warnte im Juni, die schwere Wirtschaftskrise könne eine sich anbahnende Hungerkrise in Sri Lanka verschärfen. Das Land war zuvor zehn Jahre lang auf gutem Entwicklungsweg und benötigte keine humanitäre UN-Hilfe.
Inmitten der seit Monaten andauernden Unruhen war im Mai Premierminister Mahinda Rajapaksa, der Bruder des Präsidenten, zurückgetreten. Als Nachfolger wurde Ranil Wickremesinghe vereidigt. Damals gab es bei Protesten laut Polizeiangaben mindestens neun Tote und mehr als 250 Verletzte. Im Juni trat Basil Rajapaksa, ein weiterer Bruder des Präsidenten, als Finanzminister zurück.