Streit um Einbürgerung: Der deutsche Pass als Kampfthema

    Streit um Einbürgerung:Der deutsche Pass als Kampfthema

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    von Mathis Feldhoff
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    Das "Verramschen" des deutschen Passes: So schimpft die Union über Faesers Pläne zum Staatsangehörigkeitsrecht. Das weckt Erinnerungen an die Kampagne gegen den Doppelpass.

    Berlin: Ein Reisepass der Bundesrepublik Deutschland.
    Soll die Einbürgerung vereinfacht werden? Darüber streitet die Union mit der Bundesregierung.
    Quelle: Fabian Sommer/dpa

    Es war im Landtagswahlkampf 1999, als Roland Koch in Hessen zu einem eher ungewöhnlichen Instrument griff - einer Unterschriftenkampagne gegen die Idee der rot-grünen Koalition in Bonn für eine verändertes Staatsangehörigkeitsrecht. "Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben?", fragten damals nicht wenige Wähler an den Infoständen der Union. Damals war das erfolgreich. Roland Koch setzte sich durch und wurde Ministerpräsident.
    Heute, über 20 Jahre später, fragen sich die Beobachter, ob die Union mit ihrer harschen Kritik an den neuen Staatsbürgerschaftsplänen eine neue "Doppelpass-Kampagne" planen. "Das ist doch sehr retro", wehrt Alexander Dobrindt, Chef der CSU, im Bundestag ab. Aber die Pläne der Koalition seien "ein großes Thema" und man müsse die Frage stellen, "was uns der deutsche Pass wert ist", so Dobrindt.

    CDU-Politiker Frei: "Brauchen keine Reform"

    Am vergangenen Freitag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Gedanken der Koalition vorgetragen, deren Kern eine einfachere Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft ist. Statt nach acht Jahren soll das künftig schon nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich sein. In bestimmten Fällen kann sich die Wartezeit auf drei Jahre reduzieren. Auch eine automatische Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder soll es geben und die Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft nicht mehr Grundbedingung sein - also die doppelte Staatsbürgerschaft zur Normalität werden.
    Gegen all diese Einzelpläne läuft die Union jetzt Sturm. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), und CSU-Mann Dobrindt nennen es unisono ein "Verramschen des deutschen Passes". Wir haben eines der modernsten Staatsangehörigkeitsrechte der Welt, so die Unions-Vertreter. "Wir brauchen keine Reform", erklärt Thorsten Frei. Es gäbe in "keiner Anhängerschaft einer Partei eine Mehrheit" für solch eine Änderung.

    Union vertritt eine "ausgrenzende Politik"

    SPD und Grüne kritisieren ihrerseits die Halsstarrigkeit der Union. Friedrich Merz und seine Partei stünden für eine "kalte, ausgrenzende Politik", so Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Und Bundeskanzler Olaf Scholz betont, dass neun Millionen Bürger in Deutschland ohne deutschen Pass lebten und arbeiteten: "Demokratie aber lebt von der Möglichkeit, mitzubestimmen." Ähnlich hatte sich schon die SPD-Vorsitzende Saskia Esken geäußert. Man müsse aufpassen, dass "Einwohner und das Wahlvolk nicht zu stark auseinanderfallen".
    Für CSU-Landegruppenchef Dobrindt genau die falsche Argumentation: "Es bestätigt nur das, was von der anderen Seite gedacht wird, und das halte ich für gefährlich", sagt er mit Blick auf Debatten, die von Rechtsradikalen geführt werden und die den etablierten Parteien eine "Umvolkung" - also einen Austausch der deutschen Bevölkerung - unterstellen.

    Die Hoffnung ruht auf der FDP

    Die Hoffnung der Union liegt jetzt auf der Kritik der FDP an den Plänen von Innenministerin Faeser. Deren Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte der "Rheinischen Post" gesagt, jetzt sei "nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung". Auch künftig müsse die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit das Ergebnis einer erfolgreichen Integration sein: "Sie darf nicht am Anfang stehen." 
    Ähnlich hatten auch Frei und Dobrindt argumentiert. Außerdem pocht die FDP darauf, bevor man über eine Reform der Staatsbürgerschaft nachdenke, müssten andere Teile des Koalitionsvertrages umgesetzt werden. So gäbe es "bislang keinerlei Fortschritte bei Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration", so Djir-Sarai.

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